3. Der Johannishof, Mainzer Straße 30

Hier wohnte die Familie Graf ab 1922. Vater Wilhelm Graf bewirtschaftete das katholische Vereinslokal mit angeschlossenem Weinhandel. Willi Graf lebte hier bis zu seinem Umzug zum Medizinstudium nach Bonn 1937.

Der Johannishof in der Mainzer Straße

Der Johannishof in der Mainzer Straße

Am 25. Dezember 1942 traf er hier mit Freunden zusammen; sein Vater hatte eingeladen. Einer der Freunde, Heinz Bollinger, später Philosophie-Professor, erinnerte sich an die Begegnung „in den Weihnachtsferien 1942 bei einer Missa. Danach war gemeinsamer Kaffee und Gespräch über die politische und militärische Situation. Ich denke, es waren etwa zwölf Leute dabei, viele waren Offiziere. Die gängige Auffassung war die, daß zuerst der Krieg gewonnen werden müsse und dann erst etwas gegen das Dritte Reich unternommen werden könne. Willi, der damals versuchen wollte, in Freiburg (dort war ich Assistent für Philosophie), Saarbrücken, Bonn, Köln und Münster Widerstandsgruppen zu gründen, verstand bei der Diskussion meine vorsichtigen Fragen und mein Schweigen richtig und besuchte mich zwei Tage später in meiner Wohnung.(…).[1]

Gedenktafel für Willi Graf am Johannishof in der Mainzer Straße

Gedenktafel für Willi Graf am Johannishof in der Mainzer Straße

Am 2. Januar 1943 besuchten die Brüder Heinz und Willi Bollinger Willi Graf hier in der Mainzer Straße. „Über Karo hinweg“ (einen weiteren Besucher) „unterhalten wir uns über den wirklichen Sinn der Dinge und Mächte. Es war schon sehr aufschlußreich für uns.“ [2] Einen Tag später ist Heinz Bollinger noch einmal bei ihm: „Heinz ist bei mir und erzählt von seiner Situation, es ist fast wie eine Dozierung der Metaphysik des Lebens unserer Zeit. Nachher kommt mir das Gespräch so weit entfernt, besser zeitlos vor, daß ich überrascht bin.“ [3]
An der Außenfassade des Johannishofes ist eine Gedenktafel angebracht. Sie zitiert aus einem Brief Willi Grafs an seine Schwester Anneliese  – „jeder einzelne trägt die ganze Verantwortung“ [4] – , und aus seiner letzten Botschaft unmittelbar vor der Hinrichtung am 12. Oktober 1943 die Bitte, die Freunde zu grüßen; sie sollten „weitertragen, was wir begonnen haben.“ [5]

[1] Erinnerung von Heinz Bollinger, zit. nach Vielhaber, Klaus /Hanisch, Hubert/Knoop-Graf, Anneliese: Gewalt und Gewissen. Willi Graf und die „Weiße Rose“. Freiburg-Basel-Wien 1964, S.28
[2] Tagebuch 2. Januar 1943. –  Zit. nach Willi Graf, Briefe und Aufzeichnungen, Frankfurt am Main 1988, S. 94
[3] Tagebuch 3. Januar 1943. – Nach ebd.
[4] 6. Juni 1942. – Zit. nach ebd., S.  161
[5] 12. Oktober 1943. – Zit. nach ebd., S. 200