Yaron Windmüller

geb. 25. Mai 1956 in Israel

Foto: Foto privat

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Yaron Windmüller hat 2024 ein Buch publiziert, in dem die Erinnerung an seinen Cousin Maurice lebendig wird, der als Kind in Auschwitz ermordet worden ist. Auslöser für die Suche nach den Spuren des Verwandten, über dessen Schicksal die Familie nur grob Bescheid wusste, war die geplante Verlegung eines Stolpersteins für Maurice Windmüller in Emden.
Windmüller, geboren in Israel, lebt seit 1979 in Deutschland. Als Sänger (Bariton) hat er mit bedeutenden Regisseuren und Komponisten zusammengearbeitet, er ist sowohl auf der Opernbühne als auch als Liedsänger hervorgetreten und hat zahlreiche CDs eingespielt. Seit 1979 arbeitet an der Hochschule für Musik Saar als Gesangsprofessor. Seit 2010 widmet er sich ganz der Ausbildung junger Sänger und gibt keine gibt öffentlichen Auftritte mehr. Yaron Windmüller wohnt in Saarbrücken.
Die Recherche und die Niederschrift des Buches „Fallende Sterne. Chronologie eines unplötzlichen Kindstods“ hat Windmöller zusammen mit seinen Freunden Susanne Strittmatter und Matthias Strittmatter unternommen. Das Schicksal des Kindes, abgelesen aus wenigen überlieferten Fotos und knappen Vermerken der Nazi-Bürokratie, wird dem Leser durch einen erzählerischen Kunstgriff nahegebracht: Die Autoren lassen Maurice in der Ich-Form erzählen. Monat für Monat seines nur 19-monatigen Lebens berichtet das Kind von seinem Entwicklungsstand, vom Schicksal seiner Familie und von der Verfolgung und Vernichtung der Juden.
Die Eltern von Maurice sind 1937 vor den Nazis aus Deutschland in die Niederlande geflohen. 1940 besetzen die Deutschen das Land. Am 14. Juli 1942 kommt Maurice in Groningen zur Welt. Ab Oktober werden die Juden über das Durchgangslager Westerbork ins Konzentrationslager Auschwitz in Polen transportiert und dort getötet. Ende November werden die Eltern Salomon Windmüller und Ruth Windmüller-Kornblum nach Westerbork verschleppt, das Kind bleibt bei unbekannten Menschen zurück. „Es muss jemand sein mit großem Herzen und sehr viel Mut, denn wer mich versorgt, bringt sich selbst in Gefahr.“
Im März 1943 stirbt der Vater in Auschwitz „an Entkräftung“, wie in den Lagerakten notiert wird, die Mutter ist da schon seit 118 Tagen tot. „Ich kann jetzt Doppellaute bilden: lala, dada. – Mama. Papa.“ Im Frühjahr 1943 gibt es einen Hinweis auf den Aufenthaltsort des Kindes, Fotos zeigen es auf den Armen eines Mannes, einer Frau, der Mann heißt Leo Weersing. Doch schon Ende April taucht der Name Maurice Windmüller in den Akten von Westerbork auf. Das Leben des Kindes in Westerbork kann nur ungefähr rekonstruiert werden aus dem Wissen um die Zustände im Lager. Eine Frau namens Clara Asscher-Pinkhof, die mit einer Gruppe KZ-Gefangenen gegen deutsche Kriegsgefangene ausgetauscht werden soll, bietet sich als Pflegemutter für Maurice an, der gerade ein Jahr alt geworden ist, und will ihn nach Palästina mitnehmen; der Antrag wird abgelehnt. Maurice Windmüller überlebt zehn Monate in Westerbork, am 10. Februar 1944 wird das Kind in Auschwitz getötet. „Wenn sich Menschen meiner erinnern, meine Geschichte schreiben und lesen, dann reiche ich über mein eigenes Leben hinaus, greife in euer Leben ein, bin im Heute angekommen.“
Im Vorwort schreibt Yaron Windmüller, dies sei keine Geschichte für zarte Gemüter. „Wer dieses Buch trotzdem lesen möchte, dem lege ich ans Herz, die Geschichte sehr langsam zu lesen.“ (RP)