Die zweite Generation

„cleaning of shame, last panel“ –
© Mrs. Frollein

Seit 2017 gibt die HBK in unregelmäßigen Abständen Anthologien mit Geschichten von Nachwuchszeichnern heraus, die in Studienprojekten entstanden sind. Eine dieser Publikationen mit dem Titel „Paradies“ wurde 2018 mit dem „Max und Moritz Preis“ für die beste studentische Comic-Publikation ausgezeichnet. Aus diesen Studienprojekten sind eine Reihe junger Comic-Zeichner hervorgegangen, die vor allem das Internet Forum nutzen.

„smelly love“ – © Mrs. Frollein

Anders als Jonathan Kunz und Elizabeth Pich, deren Humor sich aus den eher finsteren Kammern der Seele zu schöpft, durchweht die Comics von Valérie Minelli eine positive Grundstimmung. Die kleinen alltäglichen autobiographisch gefärbten Missgeschicke, die ihren Protagonisten widerfahren, berühren keine existenziellen Grundfragen, sondern kommen leicht und nett daher. Valérie Minelli wurde 1992 in Esch-sur Alzette (Luxemburg) geboren, studierte 2012 bis 2017 an der HBK Saar und war anschließend dort als Dozentin tätig. Mit „Mrs Frollein“ entwickelte sie ein Alter Ego, dessen stripartige Geschichten zuerst im Web mit inzwischen 500.000 Followern erschienen. In ihrer ersten Buchveröffentlichung „Neben der Spur“, 2018, verarbeitete sie ihren Alltag während des Kunststudiums. 2020 folgte „small hours“, eine Sammlung von „Mrs Frollein“-Geschichten, der 2023 eine weitere „Mrs. Frollein“-Collection im Polly Verlag folgte. Ihre Figuren sind stilistisch den japanischen Mangas, hier insbesondere den Chibis verpflichtet, kleine rundliche Figuren, die für die Darstellung kindlicher Charaktere verwandt wird. Valérie Minelli hat sich mit ihnen als erfolgreichste Nachwuchszeichnerin der zweiten Generation im saarländischen Comicgeschehen etabliert.

© Hanna Gessnich |
Jaja Verlag 2017

Hanna Gressnich (geb. 1989, Instagram: @brause_popause) begann an der HBK Saar Kunsterziehung zu studieren und wandte sich währenddessen parallel dem Comiczeichnen zu. Noch während des Studiums veröffentlichte sie das Comic „Nichts ist doch schon etwas“ im Berliner Jaja Verlag. Darin schickt sie eine joblose Langzeitstudentin und ihre WG-Mitbewohner auf eine Busreise nach Thailand. Deren Abenteuer schildert Gressnich in weitgehend linearen Buntstiftzeichnungen. Zwei Jahre später veröffentlichte mit „Hanno“ die Geschichte eines indischen Elefanten, den der portugiesische König Anfang des 16. Jahrhunderts dem Papst zum Geschenk macht. Die Story fußt auf einer wahren Begebenheit.

Pol Borschette und der in seinen Zeichnungen von Mangas inspirierte Eric Heit entstammen ebenfalls der „HBK-Comic-Schule“ veröffentlichen bislang vor allem im Netz, längere Comicerzählungen haben sie noch nicht publiziert.

Cover „Der magische Schluckauf“ – © Luisa Aatz

Luisa Aatz (luisabaessmann.com)schloss 2022 ihr HBK-Studium mit der Grafic-Novel „Der magische Schluckauf – Wie eine kleine Hexe das Virus besiegte“ für Kinder mit deutlichem Zeitbezug zur damals grassierenden Pandemie ab. Dank des titelgebenden magischen Schluckaufs kann die kleine Hexe Lillith eine Abenteuerreise zu Drachen, Kobolden und anderen drolligen Wesen unternehmen. Daneben tritt Luisa Baessmann mit Kinderbuchillustrationen in Erscheinung.

Bereits ein Jahr früher als sie beendete die Illustratorin Hannah Kühn ihr Studium an der HBK. Ihre Grafic-Novel „Hydrangea“ für Jugendliche im Stil japanischer Mangas erzählt von Maria, die den traumatischen Verlust ihres Vaters verarbeiten muss.

Cover „PurPur“ – © Lena Schwingel

Posthum erschien von Lena Schwingel, die 2019 im Alter von 25 Jahren verstarb, die Grafic-Novel „Purpur“ über die Nöte eines pubertierenden Mädchens. Ihre Veröffentlichung war der Anlass zur Gründung des Polly-Verlags.

Obwohl vor allem die Veröffentlichungen Polly-Verlags in Aufmachung und Stilistik undergroundmäßig daherkommen, sucht man beim Nachwuchs der saarländischen Comicszene vergeblich nach Subversivität oder gesellschaftlicher Dringlichkeit. Stattdessen werden von ihnen vornehmlich eskapistische oder autobiographisch gefärbte Geschichten mit einem signifikanten Rückzug ins Private erzählt.