4. Ecke Hellwigstraße/Mainzer Straße
An das „Befreiungsfeld“, den im Laufe 1935 angelegten Aufmarschplatz der Nazis, erinnert heute nichts mehr. Das 40 000 Quadratmeter große Feld lag in einem Carré begrenzt von der Mainzer Straße, der heutigen Heinrich-Böcking-Straße, der Bismarckstraße und der Straße des 13. Januar. Das Gelände ist heute bebaut. Auf den Zuschauerrängen hatten 60 000 Menschen Platz; ins Innenfeld passten rein rechnerisch 220 000 Personen, berichtete die „Saarbrücker Zeitung“ am 3. Oktober 1935. Auf dem „Befreiungsfeld“ zelebrierten die NSDAP und die Verbände von HJ, Arbeitsdienst, SS, SA und Wehrmacht ihre pompösen Rituale, Kundgebungen und Aufmärsche. Es ist überliefert, dass Willi Graf und seine Gefährten, Schüler des Ludwigsgymnasiums, diesen Platz „Dürrfeld“ tauften: „Gegen tausend Jungen etwa zählt unser Gymnasium zu Saarbrücken. Fast alle sind in der HJ. Wir nicht. Etwa ein Dutzend Buben, darunter Willi. Am 1. Mai ist Großkundgebung auf dem ‚Befreiungsfeld‘. (‚Dürrfeld‘ nennen wir es – gerade so heißt der ständig betrunkene NS-Bürgermeister von Saarbrücken). Das ganze Dürrfeld ist braun von Uniformen, darunter unsere HJ-Schulkameraden. Nun zieht das Ludwigsgymnasium ein, wir zwölf Nichtorganisierten. Wir sind die Attraktion des Tages, der auffälligste Klub auf dem ganzen Feld. Ein zu unserer Führung abkommandierter Lehrer geht mit dem Spazierstock voraus. Wir, bewußt im zivilen Spaziergängerschritt, mit der alten, mit Goldquasten und Troddeln geschmückten Fahne des Gymnasiums hinterher.“ [1]
[1] Helmut Gressung: Erinnerungen eines Klassenkameraden. Zit. nach Vielhaber/Hanisch/Knoop-Graf, Gewalt und Gewissen, Freiburg 1964, S. 44 f.