Überherrn-Berus
Berus ist der kulturelle Vorzeige-Ortsteil der Gemeinde Überherrn. Der historische Teil von Berus, malerisch gelegen auf einem Bergsporn über dem Saartal, ist so etwas wie ein begehbares (und bewohntes) Museum. Der Ortsname Berus kommt vermutlich von lateinisch Bellus Ramus = schöner Zweig.
Zwei parallele Straßen führen durch den eng bebauten Ort, die Kirchenstraße und die Burgstraße, beide durch kleine Querstiche verbunden. Wer den Ort über die Kirchenstraße betritt, begegnet zuerst dem Philippshaus (nach einem früheren Besitzer namens Philipp Kaas), 1580 als repräsentatives Wohnhaus (die Bezeichnung „Bannhaus“ ist unzutreffend) für den Notar und Gerichtsschreiber Tabellion Johann von Bassy erbaut, nur noch zum Teil erhalten, aber immer noch imposant.
Es folgt die katholische Pfarrkirche St. Martin, deren Turm vom Anfang des 17. und deren Schiff aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt. Die ursprüngliche barocke Ausstattung wurde von der einheimischen Bildhauerfamilie Guldner geschaffen. 1
Am Ende der Straße, an der vordersten Seite des Bergsporns (der so genannten Burgspitze) stößt man auf das Torhaus, Rest des 1572 unter der Herrschaft der Gräfin Anna von Isenburg erbauten „neuen Schlosses“. Auf dem Rückweg durch die Burgstraße kommt man am Torhaus Scharfeneck vorbei, das als „Pfort- und Backhäuslein“ zusammen mit dem neuen Schloss entstand. Seine Räumlichkeiten werden gelegentlich, mit abnehmender Tendenz, für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Ein markanter Ort außerhalb des Wohngebietes von Berus ist die St. Oranna-Kapelle, nach Zerstörung 1814 wiederaufgebaut. Sie steht auf dem Gebiet des untergegangenen Ortes Eschweiler, der im 6. bis 8. Jahrhundert entstanden war. In der Kapelle befindet sich das Grab der heiligen Oranna, über die es wenig gesichertes Wissen gibt. Der Legende nach ist sie im 6. Jahrhundert zusammen mit einer Gefährtin, die später Cyrilla genannt wurde, als christliche Missionarin aus Irland gekommen. Bei der Grabesöffnung 1480 lagen beide zusammen in einem Sarkophag. 1719 wurden ihre Gebeine in die Pfarrkirche von Berus überführt, 1969 wurden sie in die Kapelle zurückgeführt.
Das Grab der heiligen Oranna ist traditionelles Wallfahrtsziel. Dass die Heilige gegen Ohrenleiden hilft, ist reine Volksetymologie (O[h]ranna). Nicht belegt ist auch die Wirkung des Gebets unverheirateter Frauen um einen guten Mann, das lautet:
„Häälich Orann, bescher mer en Mann.
Kään Seffa, kään Schmissa,
kään met em rooden Bart,
die sinn von känner gudden Art.
Bescher mer en gudden Mann,
dass aich lang dran hann!“
(Heilige Oranna, bescher mir einen Mann.
Keinen Säufer, keinen Raufbold,
keinen mit einem roten Bart,
die sind von keiner guten Art.
Bescher mir einen guten Mann,
dass ich lange an ihm habe!)
Der aus Berus stammende Mundartdichter Hans Walter Lorang (Jahrgang 1945) hat diesen Text parodiert, indem er eine Frau sagen lässt, sie habe auf ihr Gebet hin zwar so einen guten Mann bekommen:
„Awwa wääschde wat
Orann
Neischt for meich
Kinndschden nit
Nommo zréckhollen?“
(Aber weißt du was
Oranna
Nichts für mich
Könntest du ihn nicht
Noch mal zurücknehmen?)
An der Rückwand der Kapelle hängt das Original eines Triptychons des saarländischen Malers Fritz Zolnhofer, welches das Bergwerksunglück von Luisenthal 1962 thematisiert.
Weithin sichtbare Landmarke in Berus ist das Europa-Denkmal. Es ist der deutsch-französischen Verständigung gewidmet und wurde 1970 enthüllt, der ehemalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte 1966 den ersten Spatenstich getan.
Der Lyriker Gerhard Tänzer, 1937 in Thüringen geboren, seit den 1970er Jahren in Berus zu Hause, hat mehrere Gedichte dem Ort und seiner Umgebung gewidmet, unter anderem auch dem Europa-Denkmal. ZITAT
In Berus lebt der (Comic-)Zeichner und Grafiker Bernd Kissel (Jahrgang 1978), der durch seine „SaarLegenden“ hierzulande bekannt geworden ist.
Der 2010 verstorbene Merziger Autor Peter C. Keller hat 1981 einen umfassenden „Bericht über Berus“ veröffentlicht.
Der Mundart-Liedermacher Hans Walter Lorang lebt seit vielen Jahren wieder im Ort seiner Kindheit, Das restaurierte Torhaus Scharfeneck, gilt lange Zeit hin als sein „musikalisches Wohnzimmer“, in dem man ihn solo oder mit anderen Künstlern immer wieder mal erleben kann. Zwischen 2005 und 2009 sorgt die Veranstaltungsreihe „Mussik unn Sprooch“ im Haus Scharfeneck dafür, dass das Haus fast aus allen Nähten platzt.