Andreas Wunn

geb. 19. Jan. 1975 in Neustadt an der Weinstraße

Porträtfoto Andreas Wunn©Urban Zintel

Porträtfoto Andreas Wunn ©Urban Zintel

Der Journalist Andreas Wunn veröffentlicht 2023 seinen ersten Roman, der wegen seiner saarländischen Aspekte hier von Interesse ist. Es geht um den Großvater des Autors, einen Drogisten aus St. Ingbert, der in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg das Waschmittel REI erfunden hat.

In den 1950-er Jahren gab es im Saarland zwei Fabrikanten, die neuartige Waschmittel mit großem Erfolg auf den Markt brachten. Es waren der St. Ingberter Drogist Wunn mit der Marke REI und der Saarbrücker Seifensieder Cal Kirchner, Inhaber der TIP-Werke, mit VALAN.

Andreas Wunn ist der Enkel des REI-Erfinders und -Fabrikanten. Er studiert nach dem Abitur 1994 im rheinland-pfälzischen Konz bis 2000 Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Seit 2002 arbeitet er fürs ZDF. Von November 2010 bis November 2016 ist er Südamerika-Korrespondent und leitet das ZDF-Studio in Rio de Janeiro. Zum 1. Dezember 2016 kehrt er zurück nach Berlin ins ZDF-Hauptstadtstudio als Redaktionsleiter des ZDF-Morgenmagazins. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seines Romans 2023 leitet Wunn die Redaktion Tagesmagazine Berlin.

Wunn veröffentlicht zwei Bücher, die seinen Umzug nach Brasilien und das Leben dort behandeln, und ein E-Book über das Schicksal seiner Mutter, einer Donauschwäbin aus dem Banat. 2023 folgt als Romandebüt „Saubere Zeiten“ im Berliner Aufbau-Verlag.

Ein genialer Tüftler aus St. Ingbert

Das Haus Kaiserstraße 100 heute

Das Haus Kaiserstraße 100 heute

Die Drogerie von Andreas Wunns Großeltern in St. Ingbert, wahrscheinlich in den Vierziger Jahren ©Andreas Wunn

Die Drogerie von Andreas Wunns Großeltern in St. Ingbert, wahrscheinlich in den Vierziger Jahren
©Andreas Wunn

Wie sein Autor arbeitet der Ich-Erzähler des Romans als Journalist in Berlin, die Handlung führt ihn nach Trier, nach St. Ingbert und nach Rio de Janeiro. Sterben und Tod des Vaters sind für ihn Anlass, sich mit der Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Besonders markant ist die Figur des Großvaters, im Roman Theodor Auber genannt, Drogist in St. Ingbert, „ein genialer Tüftler“, der neben vielen anderen nützlichen Dingen in den 50-er Jahren ein Waschmittel völlig neuer Art entwickelt, das mit dem Slogan „Auber macht sauber“ zum Verkaufsschlager wird und die Familie reich macht. Aber Erfolg und Wohlstand währen nur wenige Jahre, danach ist der Großvater für Jahrzehnte verschuldet.

Über das saarländische Unternehmermilieu der Wirtschaftswunderepoche nach dem Zweiten Weltkrieg ist, gestützt auf die eigene Familiengeschichte, übrigens schon einmal romanhaft erzählt worden: 1990 in „Schönes Leben“ von Ulrike Kolb, der Tochter eines Fenner Marmeladen- und Bonbonfabrikanten („Lolly“).

Fakten und Fiktion

Andreas Wunn legt Wert auf die Feststellung, dass nur die Erfindung eines Waschmittels durch seinen Großvater und dessen kurzfristiger Reichtum Fakten sind: „Alles andere ist die Geschichte, die ich mir ausgedacht habe.“ Dabei gehört die Erklärung für den Niedergang des Unternehmens, dass das Geheimrezept des Waschmittels in einem Racheakt an die Konkurrenz verraten wurde, auf jeden Fall zum Bereich der Fiktion.

Der Autor erläutert: „Die Handlung des Romans ist erfunden. Ich habe die Geschichte meiner Familie verwoben mit einer Geschichte um Schuld und Verdrängen, wie sie in vielen deutschen Familien hätte geschehen können oder geschehen ist. Es ging mir darum, erlebbar zu machen, in welchem Spannungsverhältnis zur eigenen Vergangenheit deutsche Familien und auch deutsche Unternehmen standen oder immer noch stehen.“ (RP)