Joseph Roth

geb. 2. Sept. 1894 in Brody (Ostgalizien), gest. 27. Mai 1939 in Paris

Der österreichische Schriftsteller Joseph Roth („Radetzkymarsch“, 1932) hat 1927 für die „Frankfurter Zeitung“ eine siebenteilige Reportageserie geschrieben, die zum Besten gehören, was je journalistisch über diese Region geschrieben wurde.

Roth, der schon etliche Reisereportagen für das Frankfurter Blatt geschrieben hatte, hielt sich von wahrscheinlich Mitte Oktober bis Anfang November im Saargebiet auf, die Reportagen, veröffentlicht unter dem Pseudonym Cuneus, erschienen zwischen dem 16. November 1927 und dem 28. Januar 1928. Titel: „Briefe aus Deutschland“. Er sei „durchsättigt vom Saargebiet“ und kenne es wie Wien, schrieb er hinterher dem FZ-Feuilletonchef Benno Reifenberg. Während Reifenberg Jahrzehnte später befand, es sei „eine von Roths großartigsten Reisen“ gewesen, löste die Serie in der „Saarbrücker Zeitung“ eine Polemik aus, weil in seiner Schilderung des Saargebietes und seiner Menschen das Positive vermisst wurde. Ralph Schock, der die Reportagen samt Reaktion neu herausgegeben und kommentiert hat, sieht in der Kontroverse das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Auffassungen von Journalismus. Roth, der Romancier, habe auch seine Zeitungsartikel als literarische Texte konzipiert: „Deshalb durfte er nicht nur, sondern war geradezu gehalten, die vorgefundene Realität einem höchst persönlichen Transformationsprozess zu unterwerfen, sie zu inszenieren und zu dramatisieren, bis der entstandene Text nach Auffassung des Autors die Atmosphäre stimmig abbildete, bis die Personen in ihrem jeweiligen Umfeld glaubwürdig typisiert waren.“ (RP)