geb. 3. Nov. 1950 in Teheran

Foto Kerstin Krämer
1973 nach Deutschland, Physik-Studium in Saarbrücken, 1988 Promotion, danach Wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Ramazani-Mogghaddam legt 2014 im Selbstverlag ein Buch vor, in dem er mit ironischer Distanz das Innenleben der Saarbrücker Szene-Kneipe Bingert im Nauwieser Viertel beschreibt.1 Er hat hier als Mitglied des Kneipenkollektivs seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre hinter der Theke gearbeitet, um sein Studium zu finanzieren. Er machte das länger, als er es ursprünglich vorgehabt hatte; denn: „[…] das Bingert war für mich ein Platz mit Menschen, die mir auf den ersten Blick offen gegenübertraten und mir ein wenig Wärme boten, sodass meine Einsamkeit leichter zu ertragen war. Außerdem interessierten sich manche sogar ein bisschen für die politische Situation in meinem Heimatland.“ (RP) ZITAT
Wenn man als Gast eine Kneipe betritt, wird man normalerweise freundlich begrüßt und ebenso bedient. Als Gast kann man meist gut unterscheiden, ob diese Freundlichkeit natürlich oder aufgesetzt ist.
Im Gasthaus Bingert galt dieses Gesetz nicht. Ob man freundlich bedient wurde oder nicht, war reine Glückssache. Für die Stammgäste war es üblich, dass die Stammbelegschaft des Bingert unhöflich reagierte. Manche Gäste genossen diese Ruppigkeit sogar. Für andere war dies jedoch sehr ungewohnt und überraschend. Sie beschwerten sich darüber und sagten: „Als Kunde in einem Gasthaus wird man normalerweise wie ein König behandelt!“ Ein Kollektivmitglied antwortete schlagfertig: „Wir sind aber kein Gasthaus, sondern ein Wirtshaus!“ Auch mit viel Trinkgeld konnte man sich eine herzlichere Bedienung nicht erkaufen. Für die meisten Kollektivmitglieder war ihre Ruppigkeit ein unveräußerliches Persönlichkeitsmerkmal. In anderen Kneipen des Viertel war es üblich, darauf zu warten, bis der Gast sein Glas Bier ausgetrunken hatte. Im Gasthaus Bingert konnte es einem aber passieren, dass man bereits mit einem noch halbvollen Glas gefragt wurde, ob man ein neues Glas wolle.
Ein spannender Moment war jedes Mal der Augenblick, in dem sich die Tür öffnete und ein neuer Gast hereinkam. Manch einer wurde dann kurz mal angeschrieen: „Gérard, du alter Plattmacher, was willst du denn schon wieder?“
Wenn die Stimmung unter den Mitarbeitern allerdings gut war, dann konnte es sein, dass jemand flötete: „Hast du noch irgendwelche Gelüste?“
Aus: Mohsen Ramazani-Mogghaddam: Ein Hauch Vergangenheit. Saarbrücken 2014. (Mit freundlicher Genehmigung des Autors)
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