Walter Schwarz-Paqué

geb. 8. Aug. 1954 in St. Wendel

Foto: Florian Brunner

Der Architekt und kurzzeitige Saarbrücker Kulturdezernent betätigt sich auch literarisch, u.a. hat er seine Erfahrungen mit der Kommunalpolitik in einem Roman verarbeitet.
1976-1982 Studium der Architektur in Saarbrücken und an der TH Karlsruhe mit Spezialisierung im Fachgebiet „Kunst im öffentlichen Raum“, Abschluss als Dipl.-Ing., Architekt. Zusatzstudium der Literaturwissenschaft und Philosophie in Karlsruhe. 1980 erste Anstellung im Architekturbüro Eiermann/Nachfolger in Karlsruhe als Architekt. Von 1986 bis 2016 eigenes Architekturbüro als freier Architekt in Saarbrücken. 1997-2005 Lehrauftrag an der HTW des Saarlandes als Architekt im Fachbereich Entwurf und Baukonstruktion. 1996-2005 Vizepräsident der Architektenkammer des Saarlandes. 1993 Gründungsmitglied der Kunstkommission der Landeshauptstadt Saarbrücken, Mitglied bis 2005.

Anfang der 1980er Jahre ist Schwarz-Paqué Mitglied der Künstlergruppe Stehkreisel, fungiert als Herausgeber ihrer gleichnamigen Kulturzeitschrift und veröffentlicht zwei Gedichtbände und ein Kinderbuch.

Der dem Schöngeistigen zugeneigte Architekt, einfaches Mitglied der FDP ohne Funktionen, wird von seiner Partei 2005 überraschend als Dezernent für Bildung, Kultur und Wissenschaft in Saarbrücken nominiert. Politisch und gesundheitlich zermürbt, gibt der Quereinsteiger, für sieben Jahre gewählt, das Amt nach zwei Jahren ab.

2009 veröffentlicht Schwarz-Paqué im Merziger Gollenstein-Verlag den „politischen Roman“ (so der Untertitel) „Farbenlehre“, wobei hier die parteipolitische Farbenlehre gemeint ist. Der Held, der gar kein Held ist, heißt Martin Jungkind, er ist Inhaber einer Versicherungsagentur und wird von der FDP als Dezernent für Familie und Sport in seiner Heimatstadt Blaustätten nominiert. Da ihm Parteipolitik fremd ist, gerät der Quereinsteiger unter die Räder seiner eigenen Partei und ihrer koalitionspolitischen Ränkespiele und gibt nach zwei Jahren entnervt auf. Obwohl die Parallelen zur Biografie des Autors offenkundig sind, ist der Roman nicht die Abrechnung eines gekränkten Rechthabers. Der Protagonist wird durchaus selbstironisch dargestellt. Einzelne Figuren sind so weit verfremdet, dass wohl nur Eingeweihte in ihnen reale Personen der Saarbrücker Kommunalpolitik erkennen. Da es sich nicht um einen Schlüsselroman handelt, wird das Augenmerk um so mehr auf die Strukturen gelenkt. Die gelegentliche Charakterisierung des Romans als Satire sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die geschilderten Vorgänge wohl nur sanft überzeichnet sind.

Coverzeichnung von Bernd Kissel

 

2018 veröffentlicht Schwarz-Paqué im Saarbrücker Geistkirch-Verlag das Buch „Chez Tantine“. Es ist eine Sammlung von Geschichten, die alle im Restaurant „Chez Tantine“ im lothringischen Grenzort Grossebouche spielen und in denen die resolute Wirtin Florence eine der Hauptrollen spielt. Dabei versucht der Autor, eine gemeinsame Mentalität der Menschen diesseits und jenseits der saarländisch-lothringischen Grenze herauszuarbeiten. Kenner der Region werden in „Chez Tantine“ das Traditionsgasthaus Woll in Spicheren wiedererkennen, auch wenn Schwarz-Paqué es von der Abseitslage auf der Spicherer Höhe in die Mitte seines fiktiven Dorfes verlegt hat. Und so hat auch Bernd Kissel, der Zeichner aus Berus, sich bei der Gestaltung des Titelbildes dieses real existierende Lokal zum Vorbild genommen.

Mit einer Veröffentlichung im darauffolgenden Jahr verlässt der Autor die erzählende Prosa und veröffentlicht unter dem Titel „Von Wölfen, Schafen und anderen Menschen“gereimte 99 Gedichte, die er „Fabeln für Erwachsene“ nennt. Es sind von ihm erfundene Tierfabeln oder -moritaten, die allesamt ein böses Ende nehmen.

Mit „Der Club“ liefert Schwarz-Paqué 2020 satirische Einblicke ins Innenleben des Saarbrücker Rotary-Clubs. Zu seiner Funktion als Sekretär gehörte es u.a., interne Vortragsveranstaltungen zu protokollieren, zu denen die Rotarier regelmäßig Experten aus allen Wissensgebieten einladen. Schwarz-Paqué hat aus den Protokollen dieser und anderer Meetings reine Satiren gemacht. Durch gekonnt aus dem Zusammenhang gepickte Zitate und das Mitschreiben der nicht für die Allgemeinheit bestimmten Kommentare der Zuhörerschaft erdet er die teilweise hochfliegenden Ausführungen der Referenten, am Ende heißt es dann beispielsweise lakonisch: „Unterschiedliche Meinungen können ein Geschenk sein. Aber was ist, wenn man schon alles hat?“

Die Rotarier haben hohe Ansprüche an sich, sie wollen besonders weltoffen, tolerant, wohltätig und freundschaftlich im Umgang miteinander sein. In Wirklichkeit geht es bei ihnen wohl – auch wenn man bei Schwarz-Paqués satirischer Überzeichnung sicher Abstriche machen muss – zu wie in jedem anderen Verein, die Probleme sind die gleichen: Abhandlung ermüdender Regularien, Überalterung, mangelndes Engagement der Mitglieder. Durch diese Thematik und durch den Witz der Darstellung erweisen sich die 70 in dem Buch versammelten Texte, die ursprünglich nur für die clubinterne Kommunikation gedacht waren, als Unterhaltungsstoff auch für Nichtrotarier. Und indirekt zeigt sich: Ganz so verstaubt, wie sein Image ist, kann der Club nicht sein. Die Titelkarikatur stammt auch bei diesem Werk von Schwarz-Paqué wieder vom saarländischen Comiczeichner Bernd Kissel.

2023 lässt Walter Schwarz-Paqué die Lesenden teilhaben an einer neuen Erfahrung, die er zuletzt gemacht hat – so viel autobiographischer Anteil sei hier einfach unterstellt. Sein Held ist allerdings Zahnarzt gewesen, er heißt Jos Kiefer, und er macht seiner Frau Simone eines Tages eine von dieser zunächst gar nicht geschätzte Überraschung: Er kauft ein großes Schiff. Das Buch handelt davon, wie das Ehepaar bei einem strengen Lehrer den Führerschein für Binnengewässer macht, um dann zunächst mit einem Mietboot von Saarbrücken aus über die lothringischen Kanäle zu schippern. Und als sie glauben, genug Routine zu haben, versuchen sie es mit dem eigenen Schiff, einer 14 Meter langen, 12 Tonnen schweren weißen Motoryacht mit dem Namen „Lücke“.

Nicht nur wegen des Wasserthemas wird, wer Schwarz-Paqué kennt, völlig zu Recht keinen trockenen Reisebericht, keine Einführung in die Technik der Binnenschifffahrt erwarten. Noch stärker als die Vorgängerbücher ist „Cocktail auf dem Achterdeck“ gespickt mit Wortwitz und komischen Situationen. Doch bei all dem geballten Unernst bangt man doch mit den nicht mehr jungen Fahranfängern, wenn sie ihr Boot in eine abgrundtiefe Schleuse steuern, schwierige Anlegemanöver ausführen oder sich mit übellaunigen Zeitgenossen auseinandersetzen müssen. Das eingespielte Ehepaar verliert dabei aber nicht den Humor und steuert sein Schiff halbwegs wohlbehalten durch alle Fährnisse. (RP)