Merchweiler

 

Auf den ersten Blick erscheint die Gemeinde Merchweiler recht unauffällig: im Herzen des Saarlandes und inmitten des Landkreises Neunkirchen gelegen, geprägt von den Bachtälern der Ill und der Merch – eine „Gemeinde im Grünen“, mit vielen Wanderwegen. Das Motto der 1974 im Rahmen der Gebietsreform aus den ehedem selbständigen Orten Merchweiler und Wemmetsweiler gebildeten Wohngemeinde lautet selbstbewusst: „leben und wohlfühlen“. Mit besonderen, z. B. kulturhistorischen Attraktionen kann Merchweiler nicht aufwarten, in (Kunst-) Reiseführern sucht man einen entsprechenden Eintrag (noch) vergeblich.

Der Weg zur Einheitsgemeinde war ein langer, wobei es in der Vergangenheit immer wieder mehr oder weniger parallele Entwicklungen der Weilerorte gegeben hat. Beide sind aus Siedlungen im Rahmen der fränkischen Landnahme hervorgegangen. Als „Morchevilre“ wurde Merchweiler 1291 erstmals urkundlich erwähnt. Es gehörte seinerzeit zur Grafschaft Saarwerden, die 1527 an Nassau-Saarbrücken überging. Bedingt durch Erbstreitigkeiten zwischen dem Nassau-Saarbrücker Grafenhaus und dem Herzogtum Lothringen fiel das Dorf an neue Grundherrschaften: an die Herren von Kerpen (in Illingen) und die Herren von Siersberg (bzw. Siersburg).
Im alten wie im neuen Wappen Merchweilers haben sich die heraldischen Zeichen des ehemaligen Zweiherrendorfes erhalten: der rote Zickzackbalken der Herren von Kerpen und der vierlätzige Turnierkragen in blau mit der goldenen Grundfarbe, was auf die Herren von Siersberg verweist. Vom Wappen der einst selbständigen Gemeinde Wemmetsweier wurde übrigens für das Wappen der Einheitsgemeinde ein schwarzer Göpel übernommen: Hinweis auf die Bedeutung des Ortsteils als ehemaliger Eisenbahnknotenpunkt in einer vom Kohleabbau dominierten Region.

Wie auch das namensgebende Merchweiler war Wemmetsweiler – erste urkundliche Erwähnung 1548 – ein Bauerndorf, das sich durch die Industrialisierung ebenfalls stark veränderte. Bis zur Französischen Revolution hatte es zur Herrschaft derer von Kerpen gehört, war bis 1921 Bestandteil des Amtsverbands Illingen.
Insbesondere der Bergbau in und um Merchweiler, aber auch eine Glashütte (1776 begründet) und eine Ziegelei verdrängten die bis dato dominierende Landwirtschaft, beförderten den Zuzug von Bergleuten mit ihren Familien. Imposantes bauliches Relikt für die prosperierende Phase ist das (seit 1991) denkmalgeschützte Rathaus in Wemmetsweiler. Der 1921 mit der Bergbaugemeinde Heiligenwald eingerichteten Bürgermeisterei Wemmetsweiler fehlte ein passendes, auch repräsentatives Verwaltungsgebäude. Das konnte nach längerer Bauzeit im Oktober 1926 eingeweiht werden: ein herrschaftlich anmutendes, neoklassizistisches Rathaus mit einer weithin sichtbaren Kuppel. Der große Kuppelsaal wird bis heute für kulturelle Veranstaltungen (u. a. Konzerte, Ausstellungen) genutzt. Mit der Zusammenlegung der beiden Gemeinden wurde die kommunale Verwaltung auf beide Rathäuser verteilt.

In die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs fiel auch der Bau der Wemmetsweiler Pfarrkirche St. Michael, nach Ansicht nicht nur von Gerd Meiser ein „ganz besonderes Gotteshaus“, „eine der schönsten Kirchen im östlichen Saarland…“ („Saarbrücker Zeitung“ vom 12.07.2014). Sie wurde 1898/99 im neogotischen Stil errichtet, vermutlich auch, weil die Kapelle aus dem 17. Jahrhundert inzwischen zu klein geworden war. Die eindrucksvolle Kirche mit ihren großen Fenstern und kunstvollen Altären sorgte Anfang der 1990er Jahre für Schlagzeilen, als nicht nur der Turm in Schieflage geriet. Den Untergrund der Kirche bildeten zwei Felsen. „Als an ihr der Bergbau rüttelte, wurde sie durch eine beispiellose Ingenieurleistung gerettet“ (Meiser). Der vom Einsturz bedrohte Sakralbau konnte schließlich mit einem ausgeklügelten Sicherungskonzept – auf der Basis eines neuen Stahlbetonbalkenfundaments nebst 48 Federpaketen – nachhaltig stabilisiert werden.

Getreu der „blumigen“ Ausrichtung des gesamten Landkreises Neunkirchen kann auch Merchweiler mit einem attraktiven Rosengarten – wiederum im Ortsteil Wemmetsweiler beheimatet – aufwarten. Dieser wurde in den Jahren 1925 bis 1929 von Bergleuten angelegt und gilt auch wegen seines herrlichen Rundblicks auf das hügelige Umland als besonderer Anziehungspunkt.

Kindheit und Jugend verbrachte in Merchweiler der Pädagoge und Geograph Wolfgang Salzmann, der unter dem Pseudonym Peter Wosa auch Gedichte und Kurzgeschichten verfasste.

Lothar Quinkenstein, 1967 in Bayreuth geboren, zieht mit den Eltern schon als Kleinkind nach Saarbrücken, dann nach Illingen-Wustweiler und 1981 in den Merchweiler Ortsteil Wemmetsweiler. Von dort aus besucht er das Gymnasium in Illingen und macht dort das Abitur. Quinkenstein, später bekannt geworden als deutsch-polnischer Kulturvermittler, kommt in seinen Gedichten, Essays und Erzählungen immer wieder auf seine Kindheit im Saarland zurück. Der Band „Die Deckelmacher“ (St. Ingbert 2017) ist speziell der Zeit in Wemmetsweiler gewidmet.