Arno Schmidt
geb. 18. Januar 1914 in Hamburg-Hamm, gest. 3. Juni 1979 in Celle (Niedersachsen)
„Der Geist der Controverse erhält die Welt in Gang; (und Witze ölen das (an sonstn schaurije) Getriebe)“ (Arno Schmidt)
Arno Schmidt wächst in Hamburg auf (keine „heile Welt“), im September 1928 stirbt der Vater, die Mutter zieht mit Tochter und Sohn nach Lauban in Schlesien. Nach Abitur an der Oberrealschule in Görlitz und Lehre in der Textilindustrie in Greiffenberg arbeitet Arno Schmidt dort ab Januar 1937 als Graphischer Lagerbuchhalter und heiratet im August die Angestellte Alice Murawski.
Im April 1940 wird Arno Schmidt Soldat der leichten Artillerie. Nach Schreibstubendienst im Elsaß und in Norwegen, meldet er sich im Februar 1945 an die Front und kommt im April in ein britisches Kriegsgefangenenlager bei Brüssel.
Ende Dezember nach Cordingen, einem Dorf in der Lüneburger Heide, entlassen, beginnt das Umsiedlerleben des Ehepaars. Alice und Arno leben äußerst dürftig auf dem „Mühlenhof“ und arbeiten als Dolmetscher an der Hilfspolizeischule der englischen Besatzung. Nach deren Auflösung Ende 1946 entschließt Arno Schmidt sich für den Schriftstellerberuf. Schon während seiner Tätigkeit als Lagerbuchhalter und in den Schreibstuben hat er Texte verfasst. Alice wird die Sekretärin ihres Mannes. September 1949 veröffentlicht der Rowohlt Verlag Arnos erstes Buch „Leviathan“.
Dezember 1950 ziehen die Schmidts nach Gau-Bickelheim (Rheinhessen); am 14. Januar 1951 erhält Arno Schmidt (mit vier weiteren Kollegen) den „Großen Akademie-Preis für Literatur“ der Mainzer Akademie, überreicht von Alfred Döblin.
Schon nach einem Jahr, im Dezember 1951, wird nach Kastel bei Saarburg umgesiedelt. Der Umzug von dort nach Darmstadt im September 1955 bringt die Schmidts für gut drei Jahre in Kontakt mit Schriftstellern und bildenden Künstlern, ein geselliges Leben, das Frau Alice genießt, Arno letztendlich stört; jedweder Literaturbetrieb ist ihm zuwider.
Im November 1958 werden Alice und Arno sesshaft. Sie ziehen nach Bargfeld in der Lüneburger Heide, Haus Nr. 37, vermittelt von Freunden. Es ist der vierte Ortswechsel innerhalb von 13 Jahren und – „ich bin ja nu mal ein Heidedichter“ – der letzte. Arnos Schaffenskraft ist überwältigend, sein Fleiß unermüdlich. Es entstehen etwa ein Dutzend Romane, Erzählungen und Übersetzungen, darunter die Übertragung der gesammelten Werke des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe (1809-1849), gemeinsam mit Hans Wollschläger.
Den Durchbruch bringt 1964 der „Berliner Kunstpreis für Literatur“ (Fontane-Preis), Laudator Günter Grass.
1970 erscheint (bei Goverts Krüger Stahlberg) das Hauptwerk „Zettels Traum“: acht Bücher mit insgesamt 1334 Seiten in Großformat, einschließlich der Materialsammlung (allein 120000 Zettel) eine Arbeit von gut sechseinhalb Jahren. Der Großroman macht Arno Schmidt berühmt.
Und Alice? In einem Brief vom 28. 3. 1969 an den Verleger Ernst Krawehl: „… ich habe es nicht gern gesehen, daß mein Mann Zettels Traum schrieb. […] Keine Spaziergänge mehr – kein Sitzen im Garten – kein Sonntag – kaum die Möglichkeit eines Gesprächs […] In ständigem Gemurmel, wortprobierend, bewegten sich seine Lippen. Völlige Vernachlässigung der eigenen Gesundheit.“
Am 28. August 1973 nimmt Alice Schmidt in Vertretung ihres Mannes den „Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main“ entgegen. 1975 erscheint Arnos letztes (mit der Materialsammlung 1972 begonnenes Buch) „Abend mit Goldrand. Eine MärchenPosse“.
Arno Schmidt erleidet am 31. Mai 1979 während der Arbeit an „Julia, oder die Gemälde“ – „die Welt der Kunst & Fantasie ist die wahre, the rest is a nightmare“ – einen Schlaganfall. Er bekommt sein Grab in seinem Garten.
Im November 1981 gründet Alice mit Jan Philipp Reemtsma, dem Freund und Mäzen, in Bargfeld die Arno Schmidt Stiftung, die den Nachlass betreut und das Werk (Bargfelder Ausgabe) herausgibt. Am 1. August 1983 stirbt Alice Schmidt. (GO)