Gérard Carau

geb. 20. Sept. 1948 in Creutzwald (Frankreich)

Weiß man, dass zum Vornamen auch der Familienname französisch auszusprechen ist, ahnt man, dass Gérard Carau in einer etwas anders justierten Identität lebt als „Norm-Saarländer“.

Geboren ist er in der lothringischen Grenzgemeinde Creutzwald, benachbart dem saarländischen Überherrn. Ins Saarland übersiedelt die Familie 1954. Nicht nur die Staatsgrenze prägt ihn, sondern auch die Sprachen der Eltern, des frankophonen Vaters, eines Lothringers, und der saarländischen Mutter. Dritte Säule seiner Identität(en) ist die moselfränkische Mundart, deren Sprachraum er als grenzüberschreitende Heimat begreift.

Nach dem Studium (Germanistik und Romanistik in Saarbrücken und Paris) arbeitet er 1974 bis 1980 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Romanistischen Institut der Universität des Saarlandes, kurzzeitig auch in Trier. Ab 1981 bis zum Ruhestand im August 2013 ist er Lehrer für Französisch und Deutsch an Gymnasien und Fachoberschulen im saarländischen Schuldienst.

Mundart ist die Sprache seiner Kindheit – bis insbesondere das Gymnasium darauf dringt, „anständig“ (ein Prädikat des Schriftdeutschen) zu sprechen. ZITAT

Dass er dennoch später zur (Beckinger) Mundart zurückfindet. und sich ab 1990 sogar intensiv mit ihr beschäftigt, wird augenfällig durch seine Mitarbeit bei der ursprünglich lothringischen, schon bald aber grenzüberschreitend wirkenden Vereinigung „Gau un Griis“, deren Vorstand er als Vice-Président angehört. („Gau un Griis“: Dieser Teil der moselfränkischen Sprachlandschaft findet sein geologisches Pendant im “Gau”, der mergelhaltigen Ebene zwischen Boulay und Bouzonville, und im “Griis” dem sandigen Gebiet zwischen Falck-Merten und Saarlouis).

Die Vereinigung gibt seit 2001 (39 Ausgaben bis Ende 2020) die Literaturzeitschrift „Paraple“ heraus – in den drei Sprachen (Mundart, Französisch und Schriftdeutsch), die auch Caraus persönlichen und literarischen Mutter- und Vatersprachen sind. Mundart hier als Sammelbegriff für kaum zu zählende Varianten des Mosel- und Rheinfränkischen und gelegentlich auch außerhalb der Großregion beheimateter Dialekte. Von Anfang an ist Carau verantwortlicher Redakteur dieser Zeitschrift. Aber natürlich ist er auch vertreten als Autor zahlreicher Gedichte, Geschichten und Rezensionen in Mundart, Hochdeutsch und Französisch.

Als Mundartautor einem größeren Personenkreis wahrnehmbar wird er spätestens 1994 durch den „Goldenen Schnawwel“, die Auszeichnung des damaligen Saarländischen Mundartwettbewerbs. Den ersten Preis in der Sparte Lyrik gibt es beim Saarländischen Mundartpreis 2019.

Am Mundartsymposion Bosener Mühle nimmt er 2010 teil. In die Bosener Gruppe wird er schon kurz nach deren Gründung berufen. Seit 2010 gehört er zu der Gruppe, die im Wechsel die Mundartkolumne in der „Saarbrücker Zeitung“ verfasst. Seit 2018 gibt es auch eine von ihm angeregte regelmäßige Mundartecke im Amtsblatt seiner Heimatgemeinde Beckingen. Auch in die „Kulturwerkstatt“ bringt er seine Mundartarbeit ein.

Zeitkritische, zuweilen auch tagespolitische Texte gelten oft dem Schutz der Natur und der Bewahrung der Schöpfung, sparen aber auch Auffälliges und Kritikwürdiges der Politik „an sich“ nicht aus. Gelegentlich überträgt er Texte der gehobenen Literatur (z.B. Kafka, Borchert, Kunze) in Mundart. Mehrmals wählte die Bosener Gruppe einen seiner Texte zum „Mundarttext des Monats“.

Ins österreichische Vorarlberg im alemannischen Sprachgebiet führt ihn 2013 die Teilnahme an der 5. Bludescher Mund Art Literatur Werkstatt, deren Ergebnisse veröffentlicht werden in der Anthologie „Ordnung – Unordnung – Alles in Ordnung?“

Sein nach zahlreichen Veröffentlichungen in Anthologien erschienenes Buch „Straauobschd“ ist dem Schweizer Radio SRF1 im Jahr 2017 Anlass eines (als Podcast dauerhaft verfügbaren) gut 20minütigen Beitrags in der Reihe Schnabelweid. https://www.srf.ch/play/radio/dini-mundart—schnabelweid/audio/straauobschd-dialektgedichte-aus-dem-saarland?id=df11c395-227f-481a-bdf2-54743020b9b3

Peter Eckert