Johann Nikolaus Götz
geb. 9. Juli 1721 in Worms, gest. 4. November 1781 in Winterburg (Kreis Bad Kreuznach )
Evangelischer Pfarrer, Übersetzter, Lyriker
Johann Nikolaus wuchs mit acht Geschwistern in einem evangelischen Pfarrhaushalt auf. Als sein Vater, Pfarrer an der Dreifaltigkeitskirche in Worms, starb, war er gerade zehn Jahre alt. Mit achtzehn (1739) begann er an der Universität in Halle Philosophie, Philologie und Theologie zu studieren. Für sein ganzes Leben wichtig wurde der Freundschaftsbund mit Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Johann Peter Uz, den Gründern des „Zweiten Halleschen Dichterkreises“.
Nach Ende des Studiums wurde Johann Nikolaus Götz 1742 Hausprediger und Hauslehrer beim preußischen Kommandanten im ostfriesischen Emden, zwei Jahre später Hofprediger und Hofmeister bei der Gräfin von Strahlenheim im lothringischen Forbach. 1747 kam er als Feldprediger zum französischen Regiment „Royal Allemand“, „und hielte, nachdem ich vom Consistorium zu Saarbrücken, vorhero examinirt und in dasiger Schloßkirche ordinirt worden war, meine Antrittspredigt.“ „Als ich zu St. Avolt [St. Avold] anno 1751 im Quartier lag ernannte mich der regirende Herzog Christian 4te. von Zweibrücken […] zum Pfarrer nach Hornbach“.
Götz heiratete die Witwe seines Amtsvorgängers und wurde 1754 „als Oberpfarrer und Inspektor nach Meisenheim gesetzt.“ 1761 zog die Familie zum letzten Mal um, in den Hunsrück, nach Winterburg im „Nachtigallenland“. Der Hausvater brachte es dort zum Oberkonsistorialrat und Superintendenten. Während seiner „hiesigen 20jährigen geistlichen Amts-wartung“ in der Winterburger Weltabgeschiedenheit hatte Götz jegliche Berufung abgelehnt. Er hätte Karriere machen können: „weile ich aber die Einsamkeit dem Gelde vorzog, so schlug ich obige Berufungen aus, mit dem festen Vorsatz, in Winterburg zu sterben.“ Oder war es die Angst, in der großen Welt als Poet entlarvt zu werden?:
„Im stillen Winterburg
Offenherzig wie ein Wilder, unabhängig wie ein König,
fröhlich wie ein Schäfer, ruhig wie ein Schäfchen leb ich hier.
Frage nach des Volkes Drohen und des Höflings Ränken wenig,
meine Wache sind die Felsen und der Himmel über mir.“
(Der knappe Lebensbericht basiert auf der Autobiographie „Johann Nikolas Götzes Lebenslauf“, Ausstellungslatalog 1986. Das Gedicht ist entnommen aus „Doppelspur“, Hrsg. Fred Oberhauser und Karl Friedrich Geißler 1984.)
Schon als Student begann Johann Nikolaus Götz zu dichten. Der Freundeskreis in Halle hatte den griechischen Lyriker Anakreon (um 500 vor Chr.) wiederentdeckt, dessen Gedichte Natur, Freundschaft, Liebe und Wein besingen und gut zu den Schäferspielen des Rokoko passten. Vom Übersetzer (u. a. „Die Oden Anakreons und der Sappho Oden“, 1760 in 2. Auflage!) wurde Götz selbst zum Poeten.
Der Inhalt seiner Dichtung geht jedoch weit über den Motivkreis der anakreontischen Lyrik hinaus. Das zeigt schon das wohl von Götz selbst gefertigte „Verzeichnis der sämtlichen, für 7 Bände geordneten Gedichte“, das auch „geistliche und moralische Gedichte“, „ernsthafte Oden“ und „Elegien“, aufzählt.
Dennoch: Johann Nikolaus Götz führte seitdem ein Doppelleben. Beruf und Berufung ließen sich nicht vereinbaren. Er dichtete heimlich, sein ganzes Leben lang. Das Dichten war für den pflichtbewussten Pfarrer keine Freizeitbeschäftigung, kein Hobby; es war eine existenzielle Notwendigkeit. ZITAT
Aber: Götz dichtete nicht für die Schublade. Odendichter, Übersetzer und Freund Karl Wilhelm Ramler veröffentlichte die Texte anonym in Musenalmanachen, Blumenlesen, in Anthologien und Taschenbüchern für Dichter und Dichterfreunde. Sie wurden gern gelesen. Denn, so sagte der Literaturwissenschaftler Walther Killy: „Scherzende, spielerische Behandlung nimmt auch den großen Themen das Lastende und gibt den Gedichten der Lebensfreude ihre heitere Pointierung“. (GO)