Philippe Soupault

geb. 2. Aug. 1897 in Chaville (Île-de-France), gest. 12. März 1990 in Paris

Französischer Schriftsteller, der vor der Saarabstimmung von 1935 Reportagen aus dem Saargebiet schrieb.
Zunächst Dadaist, dann Mitglied der Surrealistischen Bewegung. Betätigt sich zunehmend journalistisch und schreibt Romane, was 1927 zum Ausschluss aus der Gruppe führt.
Seine Saargebiets-Reportagen erscheinen in sechs Folgen vom 16. April bis 7. Mai 1934 im „Excelsior“, dessen Nachrichtenchef er ist (Untertitel der Tageszeitung: „journal illustré quotidien – informations, littératures, sciences, arts, sports, théâtres, élégances“). Eine deutsche Übersetzung wird 2005 von Ralph Schock zusammen mit Saargebiets-Reportagen aus dem gleichen Jahr von Theodor Balk und Ilya Ehrenburg herausgegeben.

Soupault ist nach dem Zweiten Weltkrieg befreundet mit dem Sulzbacher Übersetzer und Autor Eugen Helmlé, der Gedichte von Soupault ins Deutsche überträgt.
Das Saargebiet besucht Soupault 1934, also im Jahr vor der Volksbefragung, bei der die Saarländer zu entscheiden haben, ob sie weiter, wie seit dem Ende des Ersten Weltkriegs, vom Völkerbund verwaltet werden („Status quo“), sich Hitler-Deutschland anschließen oder zu Frankreich gehören wollen. Soupault zeigt in seinen Reportagen keinen literarischen Ehrgeiz, er versucht in journalistisch-sachlichem Stil seine überwiegend eher gleichgültigen französischen Landsleute für die Saarfrage zu interessieren.

Bei seiner Ankunft in Saarbrücken wundert er sich, „wie unvermittelt man in eine typisch deutsche Atmosphäre eintaucht“. In Bezug auf die in weniger als einem Jahr bevorstehende Abstimmung vom 13. Januar 1935 erläutert er, welche „schicksalhafte Bedeutung“ sie für die Saarländer hat, aber auch für Europa. Soupault stellt fest, dass die Hitler-Propaganda rühriger ist als diejenige der Status-quo-Befürworter, aber der Höhepunkt sei überschritten und die anfängliche Begeisterung schwinde. Er meint, das Abstimmungsergebnis sei noch offen, und schließt sich der Schätzung an, dass ca. 60 % für den Anschluss an Deutschland seien (tatsächliches Abstimmungsergebnis: 90,8 %).

Die so genannte Deutsche Front, der Zusammenschluss der pro-deutschen Parteien, sei „eine Organisation, die von den Nazis unterstützt, finanziert und geführt wird, die ihren Anhängern jedoch keine vollständige Unterwerfung unter das nationalsozialistische Programm abverlangt“. Eine eigene Folge widmet Soupault dem Auftritt von Goebbels im Mai 1934 in Zweibrücken, wobei er ganze Passagen der Rede des Nazi-Propagandaministers im Wortlaut widergibt und so ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument liefert, da der Wortlaut teilweise von der offiziellen Fassung abweicht. (RP)