Wolfgang Koeppen

geb. 23. Juni 1906 in Greifswald, gest. 15. März 1996 in München

Nachdem Wolfgang Koeppen in der ersten Hälfte 1950er Jahren in kurzer Folge drei Romane veröffentlicht hat, die heute zu den wichtigsten Büchern der Nachkriegszeit gezählt werden (1951 „Tauben im Gras“, 1953 „Das Treibhaus“, 1954 „Der Tod in Rom“), versiegt seine literarische Produktivität. Rundfunkanstalten, deren Redakteure ihn schätzen, und ein Verleger, der an ihn glaubt, sichern ihm die Weiterexistenz im Literaturbetrieb, indem sie ihm Aufträge für Reisereportagen erteilen. So reist er nach Rom, in die Sowjetunion, in die USA, nach Griechenland, nach Warschau, Den Haag und London. Seine Reisebeschreibungen erschienen dann auch in Buchform, „Nach Rußland und anderswohin“ 1958, „Amerikafahrt“ 1959, „Reisen nach Frankreich“ 1961. Danach erscheint nur noch wenig Neues von ihm, aber seit den 60er Jahren wird die literarische Bedeutung seiner frühen Werke anerkannt und er erhält er eine ganze Reihe literarischer Auszeichnungen.

Die „Reisen nach Frankreich“ entstehen als Radio-Essays im Auftrag des Süddeutschen Rundfunks und werden zwischen Oktober 1959 und Mai 1961 gesendet. Gestreift werden dabei auch das Saarland und Lothringen (→ Literaten an der Saar – Sarreguemines).
Nachdem das Saarland als Ergebnis des Referendums von 1955 Anfang 1957 der Bundesrepublik als zehntes Bundesland beigetreten ist, erfolgt zweieinhalb Jahre später, am 6. Juli 1959, dem so genannten „Tag X“, der wirtschaftliche Anschluss samt Übernahme der D-Mark. Wolfgang Koeppen, der nach dem „Tag X“ nach Saarbrücken kommt, erlebt die Saar-Metropole als „Stadt unserer Zukunft“. Er meint damit die hier herrschende freundschaftliche Koexistenz zwischen Deutschen und Franzosen, auf einem Terrain, auf dem „die altmodischen, die lächerlichen, die gefährlichen, die blutgetränkten Grenzen zwischen den Ländern des kleinen geschichtsbelasteten Europas“ beseitigt worden sind. Die vom Krieg übriggebliebenen Freiflächen und Schutthalden, die alten und die neuen Gebäude gäben der Stadt „ihr mittelalterliches und zugleich doch utopisches Gesicht“.
In Völklingen „drohen die Schlote der Röchling-Werke den engen Spitzweggassen und legen über die alte Stadt eine immerwährende Wolke schwefelgelben Rauches“. Auch hier staunt der Reisende über das Nebeneinander deutscher Bierkneipen und Läden mit französischem Kognak, Bücklingen von der Nordsee neben Artischocken aus der Bretagne und heimischen Kartoffeln, die französisch in Fett gebacken werden.