Gabriele Oberhauser

geb. 2. Dez. 1928 in München

PortraitfotoLiteraturwissenschaftlerin, Publizistin, Herausgeberin von Literaturland Saar

Gabriele Högl wird als Tochter eines selbständigen Bäckermeisters in München geboren. Vier Jahre geht sie zur Volksschule, drei Jahre zu einer Handelsschule. Statt die kaufmännische Laufbahn einzuschlagen, besucht sie nach dem Krieg eine Oberschule und macht 1948 das Abitur. Sie studiert Germanistik, Geschichte und Geographie, Philosophie und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Nach dem Staatsexamen1955 schlägt sie nicht die Lehrerlaufbahn ein, sondern nimmt eine Doktorarbeit in Angriff. 1958 legt sie ihre Dissertation zum Thema „Die Passionsspiele in Niederbayern und der Oberpfalz im 17. Und 18. Jahrhundert“ vor. Das Berufsziel ist Auslandsdozentin am Goethe-Institut, das damals gerade im Aufbau ist.

Und wieder kommt es anders. Bei einer Exkursion nach Wien lernt sie Fred Oberhauser kennen und lieben, der in Saarbrücken mit dem Studium begonnen und sich zum Wintersemester 1950/51 in München eingeschrieben hat. Als an Pfingstsamstag 1955 sein Vater stirbt, kehrt Fred zu seiner Familie in St. Ingbert zurück, erhält im September eine Anstellung bei Radio Saarbrücken. Die Beziehung wird mit Briefen und gegenseitigen Besuchen fortgesetzt, 1958 heiraten Gabriele und Fred Oberhauser.

Frau Oberhauser spricht mit einem Mann in schwarzer Kutte

Gabriele Oberhauser bei Recherchen in der Benediktiner Abtei Tholey

Statt ins Ausland zieht Gabriele nach St. Ingbert, ins Saarland. „Ganz einfach ging das allerdings nicht über die Bühne“, schreibt sie in ihrer Familiengeschichte: „Das Saarland war wirtschaftlich noch Ausland. Und die Zollbestimmungen derart kompliziert (Trennung von Heirats- und Umzugsgut, Ab- und Anmeldungen in München bzw. St. Ingbert, Ausfuhrerklärung, Heiratsurkunde und so fort), dass sie – wie Fred meinte – ‚Ehehindernissen‘ gleichkamen.“

Aber es dauert nicht lange, bis die Münchnerin sich im Saarland heimisch fühlt. Das Ehepaar hält, wie Gabriele Oberhauser sagt „Tür und Tor offen, auch für die dichtenden Gäste des SR“. Es entstehen zahlreiche Freundschaften zu Schriftstellern und Bildenden Künstlern.

Es gelingt Gabriele Oberhauser, sich neben der Haushaltsführung und Kindererziehung (Söhne Stephan und Martin) als Journalistin und wissenschaftliche Autorin zu betätigen, meist zu volkskundlichen Themen, grenzüberschreitend in der später so genannten Saar-Lor-Lux-Region (für Radio Saarbrücken, „Saarbrücker Zeitung“, Fachzeitschriften, Jahrbücher). Ab 1974 veröffentlicht sie vier Jahre lang einen wöchentlichen Beitrag für die „Elternschule“ auf SR 3.

Foto: Privat

Von Elke Heidenreich stammt das Bonmot über das Ehepaar Oberhauser: „Sie hat den Doktor, und er hat viele Bücher.“ Fred Oberhauser ist berühmt für seine große Bibliothek und steht stärker in der Öffentlichkeit als seine Frau. Darüber darf man nicht vergessen, dass Gabriele Oberhauser neben Fred Oberhauser gleichberechtigte Autorin der Standardwerke „Literarischer Führer durch die Bundesrepublik Deutschland“ (1974) und „Literarischer Führer durch Deutschland“ (1983) sowie des Saarland-Bandes der Buchreihe „Die Schwarzen Führer“ zu Sagen und Mythen (2000) ist.
1992 veröffentlicht sie ein Buch zu Wallfahrten und Kultstätten im Saarland, das ihre Qualitäten als Autorin zeigt: akribische Recherche (neben der Arbeit in Archiven und Bibliotheken und der Befragung von Pfarrern und Ortsvorstehern ist sie zu allen Wallfahrtsstätten wiederholt hingefahren und hat an allen Wallfahrten teilgenommen), klare Darstellung, präziser Stil, Weite des Blicks.
So ist auch die 2008 erschienene Chronik der Münchner Bäckerei Högl, aus der Gabriele Oberhauser stammt, mehr als ein privates Erinnerungsbuch. Die Geschichte des seit 1878 bestehenden Bäckereibetriebs ist in vielen Aspekten exemplarisch für die Entwicklung dieser bedeutenden Handwerksbranche, zumal die Autorin die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umstände in ihre Darstellung einbezieht. (Das Buch ist als Privatdruck in begrenzter Auflage erschienen.)

Eine Ergänzung aus subjektiver Perspektive sind die Kindheitserinnerungen, 2021 von den Söhnen Martin und Stephan Oberhauser herausgegeben unter dem Titel „Gabriele. Das Mädchen, das ich war“. Sie umfassen die Münchner Zeit von 1933 bis 1945, vom 4. bis zum 16. Lebensjahr der Verfasserin. Im Vorwort schreibt sie: „Ich erzähle keine Geschichten. Alles, was mich an meine Kindheit erinnert, geht von Wahrnehmungen aus, von Bildern, die rückblickend auftauchen, sich auch ungerufen einstellen.“ Auf schriftliche Aufzeichnungen konnte sie sich kaum stützen. So habe sie erst bei der Niederschrift „das Mädchen, das ich war, entdeckt“.
Gabriele Oberhauser schreibt anschaulich und konkret, ohne Nostalgie, Sentimentalität und Eitelkeit. Es entsteht das Bild eines Mädchens, das schon früh so selbständig und in seiner Persönlichkeit gefestigt war, dass es seelisch unbeschadet durch eine schwere Zeit gehen konnte. Das als Privatdruck in begrenzter Auflage erschienene Büchlein ist mit Schwarz-weiß-Fotos illustriert.

Im Alter von fast neunzig Jahren hat Gabriele Oberhauser ein neues Projekt angepackt, sie ist, zusammen mit Rainer Petto, Herausgeberin der Website „Literaturland Saar“. (RP)