geb. 9. Aug. 1950 in Dillingen/Saar

Foto: Helmut Bock
Rainer Petto, ein saarländischer Journalist und Autor, ist, zusammen mit Gabriele Oberhauser, Herausgeber bei „Literaturland Saar“.
Wohnt seit 1954 in Saarbrücken, Sohn eines Lehrers, 1968 Abitur am Ludwigsgymnasium in Saarbrücken, Studium der Germanistik und Soziologie in Saarbrücken und Freiburg/Br., 1975-1980 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Germanistik-Lehrstuhl von Gerhard Schmidt-Henkel.
1971 Gründung der literarisch-medienkritischen Zeitschrift „Einzelheiten“ (Mitherausgeber bis 1977). Freie Mitarbeit bei „Saarbrücker Zeitung“ und Saarländischem Rundfunk. 1980 freiberuflicher Journalist und Autor, in den 80er Jahren Vorsitzender des Saarländischen Schriftstellerverbandes (VS), ab 1987 Hörfunkredakteur beim SR, 1992-2009 SR-Fernsehredakteur (verantwortlich für Magazin „Kulturspiegel“).
Zusammen mit Fred Oberhauser 1980 Herausgabe der Anthologie „Ein saarländisches Lesebuch“. Autobiografische („Kind der 50er Jahre“ – siehe Zitat, „Bloß keine Einzelheiten“) und biografische („Reineggs“) Buchveröffentlichungen. Zusammen mit Dr. Gabriele Oberhauser Herausgeber des Internetportals „Literaturland Saar“.
2020 erscheint im Saarbrücker Geistkirch-Verlag eine Neuausgabe von „Ein Kind der 50er Jahre“, erweitert um ein Vorwort, Erläuterungen und Fotos. ZITAT
Zitat von Rainer Petto
Meine Mutter bezweifelte, dass das Geld wirklich so knapp war, wie mein Vater tat. Er gab ihr keinen Einblick, sie wusste nicht einmal, was er verdiente. Ihre wiederholte Drohung, sich nach dem Gehalt eines Studienrates zu erkundigen, hat sie nie wahrgemacht, aber sie vermutete, dass das Einkommen meines Vaters mit den Nachhilfestunden und Abendkursen zu einem üblichen Lebensstandard eigentlich hätte ausreichen müssen. Deshalb hegte sie den wohl begründeten Verdacht, dass mein Vater den Kredit, den er fürs Haus aufgenommen hatte, schneller abbezahlte als nötig.
Alle ihre Hinweise auf andere Familien wurden von meinem Vater mit dem Hinweis beschieden: „Die haben ja auch kein Haus.“ Alle Einschränkungen, denen wir uns unterwerfen mussten, wurden begründet mit dem Satz: „Dafür haben wir ja ein eigenes Haus.“
Das Haus wollte abbezahlt werden. Das Haus verlangte Opfer von uns. Wieviel Geld pro Monat, wieviel pro Jahr, das sagte es nur meinem Vater.
Wir durften nicht sagen. „Wir hätten besser gar kein eigenes Haus“, und wir durften die Architektur des Hauses nicht kritisieren. Ich wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, dass ich jemals irgendwo anders wohnen könnte. Das Haus unterdrückte alle Wünsche nach einem anderen Leben. Das Schielen nach anderen Häusern, Straßen, Landschaften wäre Verrat gewesen.
Aus: Rainer Petto, „Ein Kind der 50er Jahre“. Saarbrücken 1985
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