Hermann Kasack
geb. 24. Juli 1896 in Potsdam, gest. 10. Jan. 1966 in Stuttgart
Hermann Kasack hat auf verschiedenen Seiten und in verschiedenen Bereichen Literatur gestaltet. Er war Lyriker, Essayist, Hörspiel-Autor, Dramatiker, Erzähler und Romanautor, er war Lektor beim Gustav-Kiepenheuer-Verlag in Potsdam (1920), Direktor (1926) und Cheflektor (1941) beim S. Fischer-Verlag (später Suhrkamp), während der Inhaftierung von Peter Suhrkamp (1944) auch Verlagsleiter. Und er war ein Pionier des literarischen Rundfunks, verantwortete als Ständiger literarischer Mitarbeiter und Programmgestalter der „Funk-Stunde“ in Berlin 1925 erste Lesungen zeitgenössischer Lyriker im gerade erst geborenen deutschen Rundfunk. Bald schrieb er auch Hörspiele und dann auch Theaterstücke. Ab 1927 lebte er als freier Schriftsteller und Rundfunkautor, publizierte auch unter den Pseudonymen Hermann Merten und Hermann Wilhelm. Nach einem Protest gegen die Verfälschung seines Hörspiels „Der Ruf“ (1932) durch die Nazis wurde er schon im März 1933 mit Rundfunk-Berufsverbot belegt. Hermann Kasack ging dennoch nicht ins Exil, sondern in die „Innere Emigration“. 1942 bis 1944 arbeitete er an den ersten zwölf Kapiteln des Romans, der sein bedeutendster werden solle, „Die Stadt hinter dem Strom“. 1946 schrieb er die restlichen acht Kapitel; der Suhrkamp-Verlag veröffentlichte den Roman 1947. Hermann Kasack verarbeitet darin auf seine Weise das Trauma der Nazi-Diktatur und des Krieges. Die „Stadt hinter dem Strom“ gilt als einer der bedeutendsten Romane der deutschen Nachkriegsliteratur.
Für das Literaturland Saarland von Bedeutung ist die Begegnung des Roman-Protagonisten Dr. Robert Lindhoff im Reich der Toten mit einem Professor Munster, in dem Peter Wust (1884–1940), Philosophie-Professor an der Universität Münster und geboren im saarländischen Rissenthal, zu erkennen ist. (siehe Zitat im Artikel über Peter Wust) Der katholische Existenzphilosoph hat es offenbar verstanden, dem Protestanten Hermann Kasack mit seinen Gedanken nahezukommen, möglicherweise auch durch den Rückzug in die eigene Gedankenwelt, in der der Schriftsteller sich wiederzuerkennen vermochte.
1955 kam „Die Stadt hinter dem Strom“ auch als Oper heraus; die Musik komponierte Hans Vogt, das Libretto schrieb Hermann Kasack selbst.
1948 gehörte Hermann Kasack zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen PEN. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Ab 1953 war er zehn Jahre lang Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 1963 zog er sich aus dem Amt zurück, weil er sein Augenlicht verloren hatte. Ein Abschied aus dem Leben, der ihn in gewisser Weise mit Peter Wust und dessen schwerem Sterben verband. Hermann Kasack starb am 10. Januar 1966 in seiner Wohnung in Stuttgart. (IP)