Karl Uhl

geb. 30. Nov. 1886 in St. Ingbert, gest. 15. Dez. 1966 in St. Ingbert

schwarz weiß Aufnahme, trägt Judenmütze

Foto: SR-Archiv

Der Schuhmacher Karl Uhl trat in die Fußstapfen seines Vorbildes Hans Sachs und verfasste Gedichte und Bühnenstücke mit viel St. Ingberter Lokalkolorit.

Obwohl sein eigentlicher Berufswunsch, nämlich Missionar zu werden, ihn sicherlich in alle Welt verschlagen hätte, wurde letztlich fundamentale Bodenständigkeit zu seinem Markenzeichen: Karl Uhl war mit Herzblut und ganzer Seele der Dichter seiner Heimatstadt St. Ingbert. Als Sohn eines Kesselschmieds wuchs er in der Pfarrgasse, einem der ältesten Teile von St. Ingbert, auf, und in dieser Straße blieb er auch zeitlebens wohnhaft.

Bei einem Vetter ging er ab 1900 in die Schusterlehre, und zu dieser Zeit entstanden auch seine ersten Gedichte. Durch ein Lesebuch wurde er auf den Nürnberger Schuster und Dichter Hans Sachs (1494-1576) aufmerksam. Dieser übte bekanntlich nicht nur das Handwerk aus, sondern avancierte zum produktiven Meistersinger und Autor von Fastnachtsspielen. Er hatte sich als „Der Hans Sachs, der war ein Schuh/macher und Poet dazu“ sein bis heute nachwirkendes Image selbst geschaffen. Entsprechend schlüpfte Karl Uhl in seine Rolle als der „St. Ingberter Hans Sachs“, wurde in der Schusterbranche später gar zu einer Art „Verbandsdichter“.

Nach einem kurzen Intermezzo als Briefbote 1905/06 machte er sich als Schuhmacher selbstständig. Vier Jahre später fand sein erster Vortragsabend statt. Danach wurde er zum Kriegsdienst in den Ersten Weltkrieg eingezogen. Da er sich als völlig unfähig für den Dienst mit der Waffe erwies, wurde er zum „Reichsbekleidungsamt“ nach Würzburg beordert. Zügig nach Kriegsende, nämlich bereits 1920, gehörte Karl Uhl zu den Gründern der „Volksbühne St. Ingbert“, die in der Nazi-Zeit in „Heimatbühne“ umbenannt werden musste. Für dieses Laientheater verfasste er mehrere Stücke und stand auch selbst auf der Bühne.

Sein dramatisches Debüt hatte den Titel „Der Kurzsichtige“ und wurde im großen Saal des „Café Becker“ im September 1920 uraufgeführt. Zwei Schauspiele aus dem Arbeiteralltag – „Die Eisenknappen“ und „Vom Tode beurlaubt“ – sowie der Einakt-Schwank „Der ney Amtmann“ wurden in rascher Folge ebenfalls von der Volksbühne aufgeführt.

1923 erschien mit dem Gedichtband „Junger Tag“ das erste Buch von Karl Uhl – noch waren die Motive seiner Lyrik darin nicht von der engen regionalen Eingrenzung beherrscht, sondern allgemeiner, auch persönlicher Art. ZITAT

Es kam nun eine Phase, in der das literarische Schaffen des Schusters das kulturelle Leben in St. Ingbert nachdrücklich bestimmen sollte.

Mit dem Heimatstück „Die Waldstreiter“, das 1928 erstmals gegeben wurde, begann die Reihe jener Schauspiele, in denen sich Uhl Ereignissen aus der Geschichte der Stadt bediente. Das Stück handelt von der Auseinandersetzung zwischen örtlichen Bauern und der Leyischen Herrschaft um Wald und Kohle. Es folgten „St. Ingbert unterm Freiheitsbaum“, das die Französische Revolution als historische Kulisse hat, sowie zum 100. Jubiläum der Stadtwerdung 1929 als Festspiel „Da Dengmerter Buwe ehr Jubiläumsgab“. Besonders viel lag Karl Uhl daran, das Drama „Marianne von der Leyen“ zur Inszenierung zu bringen – sein dreiteiliger Zyklus von Heimatspielen zur Revolutionszeit war damit komplett. Die Aufführung über die letzte Blieskasteler Regentin ging im November 1936 anlässlich Uhls 50. Geburtstag über die Bühne.

Danach kam es durch die Restriktionen der neuen Machthaber im Saargebiet zu drastischen Änderungen, die Uhls Motivation zur weiteren Mitarbeit an der „Heimatbühne“ zunichte machte. Sein letztes Bühnenwerk, die Komödie mit dem Titel „Die Kartoffelrepublik“ – Stoff war die Ausrufung der kurzlebigen St. Ingberter Republik ebenfalls zu Zeiten der Französischen Revolution – wurde kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 auf der Naturbühne Gräfinthal uraufgeführt. Die Inszenierung durch die „Spielschar“ Bliesmengen-Bolchen wurde Karl Uhls letzter großer Erfolg. ZITAT

Für den Rest der Nazi-Zeit und über die Kriegsjahre hinweg wählte Karl Uhl für sich den Weg in die „Innere Emigration“, wobei der Tod der Mutter 1941 diesen Rückzug maßgeblich beeinflusste. Mit ihr und seiner unverheirateten Schwester hatte er bis dahin in der Pfarrgasse einen gemeinsamen Haushalt geführt. Die enge Bindung zur Mutter kommt nicht zuletzt in zahlreichen Gedichten und Erzählungen zum Ausdruck. Seine literarische Produktion konzentrierte sich zu dieser Zeit auf Märchen und „Märchenspiele“. 1944 gab er, gerade 58-jährig, auch sein Schusterhandwerk auf.

Nach Kriegsende wurde die Kurzprosa sein Arbeitsfeld. Plaudereien, heimatkundliche Erzählungen und Anekdoten, humorvolle Kurzgeschichten mit lokalen Bezügen entstammen seiner Feder. Diese „Heimatbilder“ fanden in der Lokalausgabe der „Saarbrücker Zeitung“ ihren Platz. In den beiden Büchern „Spaziergang durch das alte St. Ingbert“ (1961) sowie „Bunte Heimatbilder“ (1963), beide herausgegeben vom Freundeskreis, sind diese Miszellen zusammengefasst.

Festzuhalten ist, dass bis auf eine Ausnahme die Bühnenstücke Karl Uhls nicht veröffentlicht wurden. Sie haben sich teilweise als Typoskripte in Archiven und Bibliotheken (auch in St. Ingbert) erhalten. Als eigenständige Publikationen in Buchform sind lediglich zwei Titel nachweisbar. Dem Gedichtband von 1923 folgte erst 1956 „Die Kartoffelrepublik. Verse und Prosa“, die von Wolfgang Krämer zusammengestellt und veröffentlicht wurde.

Karl Uhl, der stets in bescheidenen Verhältnissen lebte, wurde 1956 zu seinem 70. Geburtstag die Ehrenbürgerwürde von St. Ingbert verliehen.(MB)