Klaus Mann

geb. 18. Nov. 1906 in München, gest. 21. Mai 1949 in Cannes (Frankreich)

Der Schriftsteller Klaus Mann („Mephisto“, 1936) ist politisch heftiger engagiert als sein ebenfalls seit 1933 im Exil lebender Vater, der Literaturnobelpreisträger Thomas Mann. Und so bricht er auch früher und entschiedener öffentlich mit dem Dritten Reich. Er kommt zwar nicht ins Saargebiet, um im Vorfeld der Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 politisch gegen den Anschluss an Nazi-Deutschland zu agitieren, aber er versucht aus der Ferne, mit Artikeln und Aufrufen die Abstimmung zu beeinflussen.

Am 21. September 1934 erscheint in der „Volksstimme“, dem Organ der Sozialdemokratischen Partei für das Saargebiet, der Aufruf „Deutsche sprechen zu Euch“, mit dem 28 deutsche Intellektuellen im Exil für die Beibehaltung des Status quo werben, also die Beibehaltung des Völkerbundmandats für das Saargebiet als Alternative zum Anschluss an Deutschland oder an Frankreich. Neben Thomas Manns Bruder Heinrich Mann, Johannes R. Becher, Anna Seghers, Erich Weinert, Johannes R. Becher, Ernst Toller, Erwin Piscator oder dem Saarländer Gustav Regler ist Klaus Mann einer der Unterzeichner. Und so wird ihm denn auch zusammen mit den anderen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.

Eine der ersten Gegenreaktionen auf den Aufruf ist ein Angriff des NSdAP-Organs „Völkischer Beobachter“ auf „dieses ganze Geschmeiß von Edelbolschewisten“. Darauf antwortet Klaus Mann in der antifaschistischen Exil-Zeitschrift „Gegen-Angriff“ (3.10.34): „‘Landesverräter‘ und ‚Kriminelle‘ – das sind schon gewohnte Kosenamen, darüber ist kein Wort zu verlieren. Aber dann fällt doch wieder etwas auf – nämlich an der Titulierung ‚Edelbolschewist‘. Wieso eigentlich ‚edel‘? Seit wann macht man uns Komplimente?“

Am 8. November ’34 veröffentlicht Klaus Mann in der unter dem Namen „Neue Weltbühne“ ins Exil gegangenen „Weltbühne“ den Aufsatz „Krieg und Saar“. Noch einmal appelliert an die Bevölkerung im Saargebiet, die Gelegenheit der Volksabstimmung zu nutzen, um Hitler zu stoppen: „Wenn ihr ihn jetzt nicht stürzt, Saarländer – dann wird er erst durch die große Katastrophe vernichtet werden, die er verschuldet; durch das dann vielleicht wirklich Unvermeidliche, auf das alle Welt sich hastig vorbereitet; durch den Krieg, Saarländer, durch den Krieg.“

In der Handschriftenabteilung der Stadtbibliothek München ist der Entwurf dieses Textes erhalten. „Diese Erstfassung hinterlässt bei der Lektüre an einigen Stellen einen viel persönlicheren und nachhaltigeren Eindruck als die schließlich veröffentlichte Fassung“, urteilt der Saarbrücker Literaturwissenschaftler Ralph Schock.

Als am 15. Januar 1935 das Ergebnis des Plebiszits bekanntgegeben wird (90,73 % für die Vereinigung mit Deutschland), kommt Klaus Manns politisches Weltbild ins Wanken. Noch am gleichen Tag schreibt er von Amsterdam an seine Mutter Katia Mann: „Wie ist es denn nur möglich, daß die Menschen derartig dumm sind. Dabei handelt es sich doch dort zum größten Teil um Arbeiter.“

Eine weitere Reaktion auf das Abstimmungsergebnis liegt vor mit dem seinerzeit unveröffentlicht gebliebenen Aufsatz „Die Niederlage und wir“, geschrieben am 18. Januar in Amsterdam. Klaus Manns Text in Form eines „Briefs an eine Enttäuschte“ wird 1978 zum ersten Mal publiziert, als Schock ihn als Faksimile der hand- wie der maschinenschriftlichen Fassung in der Saarbrücker Alternativpresse „einzelheiten“ wiedergibt. Klaus Mann ruft die Adressatin seines Briefes dazu auf, angesichts der Niederlage den Mut nicht zu verlieren: „Wir haben den Saarländern eine große Ehrung angetan, indem wir eine übertriebene Hoffnung setzten in ihren politischen Verstand und in ihren Mut. Sie haben diese Hoffnung enttäuscht: es waren uneinsichtige, kleine Menschen – abgesehen von 40.000 tapferen Leuten [genau 46.613 Stimmen für Status quo, 2.124 für Vereinigung mit Frankreich] Nun schauen wir nicht mehr dorthin.“

Laut Schock zeigt der Text, „dass Klaus Mann zu dieser Zeit nur über einen ganz unpräzisen Faschismusbegriff verfügt. Sein antifaschistisches Engagement ist zwar das eines radikalen, humanistischen Intellektuellen, Mann gelingt es aber hier noch nicht, von der Stufe des emotional begründeten Protests, des bloß moralischen Appells zu einem mit politischen Kategorien fundierten Antifaschismus zu kommen.“ (RP)