Klaus Stief
geb. 6. Aug. 1897 in St. Ingbert, gest. 6. Juli 1963 in St. Ingbert
Religiosität und Sensibilität prägen das breit gefächerte literarische Schaffen von Klaus Stief, der die Stadtbibliothek zum kulturellen Zentrum von St. Ingbert machte.
„Unn dann war de Klaus Stief selber e Dichter gewähn, äner wo iwwer die Hiwwele naus e guter Name gehat hat mit seine Geschichte und Gedichte und Schauspiele, un wenn ne nit s’erscht die Nazis on noht die annere gepiesakt hätte, wer wäß, was noch aus’m wor wär. Awer er war zu sensibel, un jedi Kritik isch’m off’s Herz geschlah … un am gebrochene Herz isch er jo a gestorb“: Heinrich Kraus formulierte diese und weitere Zeilen über Klaus Stief. Als Vorbild, Mentor und auch als Leidensgenosse beschreibt der jüngere den älteren Dichter. Beide teilten eben auch das Schicksal, in ihrer Heimatstadt verkannt bzw. ignoriert zu werden.
Jüngstes von sechs Geschwistern und einziger Sohn eines „Schmelzarbeiters“, ging Klaus Stief in St. Ingbert aufs Gymnasium. Bereits früh hatte der Kapuzinerpater und Jugendseelsorger Ingbert Naab (1885-1935) Einfluss auf Klaus Stief. Naab, später aktiv im Widerstand gegen die Nazi-Ideologie, war von 1914 bis 1916 im Kapuzinerkloster St. Ingbert auf. Darüber hinaus stand er mit Klaus Stief in stetem Austausch.
Im Ersten Weltkrieg als Soldat in Flandern (1916) erlitt Stief schwere Verwundungen, an denen er zeitlebens zu leiden hatte. Nach Kriegsende machte er zunächst eine Banklehre und wurde Leiter einer Bankfiliale. Von 1934 bis 1956 lag die Leitung der Stadtbücherei St. Ingbert in seinen Händen. Unter seiner Federführung entwickelte sich die Einrichtung zum Mittelpunkt des kulturellen Lebens in St. Ingbert. Infolge schwerer Krankheit trat er 1956 in den Ruhestand. 1 ZITAT
Prägend für Stiefs literarisches Werk war seine zutiefst religiöse Grundeinstellung. Thematisch umfassen seine Texte ein breites Spektrum und übergreifen nahezu alle Gattungen. Hör-, Schau-, Märchen- und Mysterienspiele, Erzählungen und Gedichte (auch in Mundart) etc. blieben teilweise aber ungedruckt. Sein erster Erfolg war 1932 die Erzählung „Der selige Bauer“, die um das Leben von Konrad von Parzham (1818-1894) kreist. Der Altöttinger Kapuzinerpater und Klosterpförtner war 1930 seliggesprochen worden.
Stiefs zweite eigenständig erschienene Erzählung „Michael Weisgerbers Reise nach Paris“ (1938) dreht sich um die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland. Schauplatz ist Paris, die Stadt, die Stief besonders am Herzen lag. Diese Erzählung war es denn auch, die ihn für den Rest seines Lebens nachgerade traumatisch begleiten sollte. Auch wenn er sich in den Jahren der Nazi-Barbarei in die „innere Emigration“ zurückzog, so geriet er mit „Michael Weisgerber“ doch in die Mühlen des Terrorregimes. Seine Erzählung erfuhr eine von ihm weder vorgenommene noch autorisierte Änderung, sie wurde um rassistische, antisemitische Passagen ergänzt. Nach dem Untergang von Nazi-Deutschland wurden ihm eben diese Sätze zum Vorwurf gemacht, ein Vorwurf, den er nur schwer verkraftete.
In den 1950er-Jahren erschienen weitere Erzählungen, nunmehr als Bände zusammengefasst: „Das geheimnisvolle Orgelspiel“ (1956) beinhaltet heitere wie ernst Texte, in „Von Bethlehem bis Golgatha“ (1957) finden sich religiöse Themen von Ostern bis Weihnachten.
Höchste Ansprüche an sich selbst stellte Klaus Stief, was seine Lyrik betrifft: „Ein gutes Gedicht, das ist das Schwerste von allem. Man muss es immer und immer wieder versuchen und darf glücklich sein, wenn unter Hunderten dann eines ist, dessen Melodie das Herz bewegt“, beschrieb er die hohen Hürden, die er für diese Literaturvariante ansetzte. Stilistisch lehnte er sich dabei an die klassische Moderne an, Nähen zu den experimentellen Richtungen der Nachkriegszeit, die auf Expressionismus und Dada fußte, gab es keine. Klaus Stief beteiligte sich mit Erfolg am Bockenheimer Dichterwettstreit 1962 und gehörte zu den Herausgebern der saarländischen Mundartanthologie „Mei Geheichnis“ (1964), zu der er sechs Gedichte beisteuerte. Das Erscheinen des Buches erlebte Klaus Stief allerdings nicht mehr. (MB)
Seit Januar 2020 kann bei der Stadtbücherei St. Ingbert ein Quellenbuch mit bisher unbekannten Fundstücken aus dem Werk von Klaus Stief ausgeliehen werden. Die CD mit mehr als 1.000 Dokumenten wurde vom örtlichen Heimat- und Verkehrsverein erstellt und der Bibliothek übergeben. In einem Bericht der „Saarbrücker Zeitung“ (17.1.2020, Ausgabe St. Ingbert) sind Beispiele für bisher unbekannte Texte des Autors genannt: In „Der Mann im Pelz“ geht es um Napoleon, den sein Russlandfeldzug auch durchs Saarland führte, wo er in der Alten Schmelz den regionalen Schnaps kennenlernte. In „Himmel und Hölle“ beschäftigt sich der Dichter mit dem anderen berühmten Künstler der Stadt, Albert Weisgerber. Die „Dengmerter Nationalhimne“ schließlich ist eine Liebeserklärung an St. Ingbert.