Der antike Autor Ausonius
über die Saar bei Konz
Matte Mündung unter Mauern des Kaisers
Die Saar entspringt in den Vogesen und mündet in die Mosel. Als deren längster Nebenfluss spielt sie in der “Mosella” (Die Mosel) des römischen Dichters Ausonius, einem in lateinischen Hexametern verfassten Lobgedicht auf die Mosel, eine kleine, aber gewichtige Rolle. Es ist die historisch früheste Erwähnung der Saar in der Literatur.
Decimus Magnus Ausonius ist im ersten Jahrzehnt des vierten Jahrhunderts in Burdigala (Bordeaux) im aquitanischen Gallien geboren. Als Lehrer der Rhetorik und Vermittler der lateinischen Literatur war er hoch geschätzt, und so berief ihn Kaiser Valentinian I. 367 zur Erziehung seines Sohnes Flavius Gratianus in den Kaiserpalast nach Trier. Trier war in der letzten Blüte des römischen Reiches Kaiserresidenz und Bischofssitz, das acht Kilometer entfernte Konz (Contionacum) an der Mündung der Saar in die Mosel, war Sommerresidenz. Sie war die prächtigste unter den “Villen”, von denen es bei Ausonius heißt:
“Solche Bilder [die Rede ist von einem ins eigene Netz geratenen Fischer] genießen am blauen Wasser in langer Reihe Villen, die mit ragendem Giebel auf Felsen stehen; mitten hindurch läuft trennend der Fluss und schlängelt sich windend und biegend, und Schlösser schmücken bald hüben, bald drüben die Ufer.” [Vers 283 bis 286]
Die Sommerresidenz hatte ein Ausmaß von 84 x 38 Metern, sie stand auf einer Anhöhe mit weitem Ausblick auf Mosel und Saar. Ihren Platz nahm im Mittelalter die dem Schutzheiligen der Schiffer und Fischer geweihte Pfarrkirche St. Nikokaus ein (Martinstraße 22, 1959 neu errichtet). Ruinen sind noch um die Kirche und in ihrer Krypta erhalten. Zu den Resten außerhalb gelangt man über eine von der Kirche zum Friedhof führende Treppe. Der Besuch lohnt: Tafeln, betitelt “Der Kaiser empfängt”, “Der Kaiser lädt zum Bad”, erläutern in Schrift und Bild die Anlage. Hier schrieb Ausonius um 371 an seinem Preislied auf die Mosel und ihrer Nebenflüsse:
“Wie aber könnte ich endlich aufhören, deine blauen Fluten zu loben und dich zu preisen, Mosel, als ebenbürtig dem Meer, da weithin zahllose Flüsse von beiden Seiten dir zuströmen? Zwar könnten sie ihren Lauf verlängern, doch eilen sie, samt ihrem Namen in dir aufzugehen.” [Vers 349 bis 353]
Unter diesen „zahllosen Flüssen“ würdigt der Dichter vornehmlich die Saar: “Ich rede nicht von der schmächtigen Lieser, der seichten Dhron, will auch den reizlosen Lauf der Salm nicht erwähnen; längst nämlich ruft mich schon die schiffbare Saar mit rauschenden Wassern, winkt mit dem ganzen Gewand; sie zog ihren Lauf lang hin, um matt unter Mauern des Kaisers zu münden.” [Vers 365 bis 369]
Im Mündungsbereich entdeckte man beim Bau der Straßenbrücke (B51) über die Saar Reste von Pfeilerfundamenten der Römerbrücke (der späteren “Konzerbrück”). Diese war Teil einer Fernstraße, die von Trier über Metz zum Mittelmeer verlief. Sie diente nicht nur dem Transport von Militär und Post, sondern auch von Luxusgütern, die man im Land der Treverer vermisste. Nach Ausonius teilten die Pfeiler die Saarmündung in sechs Läufe auf:
“Du dann, Barbe [aus der Familie der Karpfen], zwängst dich durch die Schlünde der schlängelnden Saar, dort, wo zweimal drei Arme die felsigen Pfeiler umbrausen; doch wenn du erst in den ruhmreicheren Fluss gelangt bist, schwimmst du frei dahin in weiteren Bogen. Du gewinnst an Geschmack in drückenden Jahren, erlangst allein unter allen atmenden Wesen ein ungescholtenes Alter.” [Vers 91 bis 96]
Was die “Barbe” angeht: Sie ist nur ein Beispiel von etwa 15 Fischen, wie sie der Dichter (Vers 85 bis 143) in einem epischen “Fischkatalog” beschreibt.
Ausonius kehrte nach 390 in seine Heimat zurück, er wollte, “wenn mir die Ader der Dichtung noch fließt, das Lob des Flusses im Norden in reicherer Fülle besingen.” [Vers 452 bis 453] Dazu kam es nicht mehr, Ausonius starb wenige Jahre später.
Eine Empfehlung noch für die Anfahrt: Wenn Sie entlang der unteren Saar flussabwärts fahren, nehmen Sie bei Saarburg die L138, die Saar-Riesling-Straße. Hier lässt sich Ausonius’ Text ein wenig nachempfinden, vom Mosel- ins Saartal übertragen:
“Genug schon betrachteten wir die fließenden Pfade und zählten der Fische schlüpfrige Schwärme und vielfache Scharen. Nun biete andere Schau das Gepränge des Rebengeländes, nun sollen des Bacchus Gaben die schweifenden Blicke ergötzen, dort, wo ein hoher Gipfel in langem Zug über Steilhänge, auch Felsen, besonnte Hügel, Biegung und Bucht, mit Reben bepflanzt, zu einem Naturtheater aufsteigen.” [Vers 150 bis 156]
Zitate aus: D. Magnus Ausonius, Mosella Die Mosel. Lateinisch/Deutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Otto Schönberger. Reclams Universal-Bibliothek Nr.19183, Stuttgart 2. Ausgabe 2014.