Im Süden von St. Wendel führen von Nieder- und Oberlinxweiler Wanderwege auf den Spiemont, einem schmalen Bergriegel zwischen Ostertal und Bliestal (Hinweistafeln zu den naturkundlichen und historischen Sonderheiten). Drei Wälle riegelten im letzten Jahrhundert vor Chr. den Steilabfall zur Blies ab. Die Römer errichteten oben eine Warte (und unten eine Römerbrücke über die Blies).
Zum Schutz vor den ins Land drängenden Franken bauten die zurückgebliebenen Bewohner die ruinierte keltische Wehranlage in aller Eile wieder auf, mit jedem nur verfügbaren Baumaterial, und schreckten auch vor Heiligtümern und Grabmälern nicht zurück (vier Bildersteine im Museum St. Wendel).
Auf dem “Schlossberg”, so die Sage, habe sich eines der drei Schlösser des legendären Rixius Varus befunden. Der war angeblich unter Kaiser Diokletian (285-305) Statthalter in Trier und als Christenverfolger berüchtigt. ZITAT
Die Sage vom Spiemont und die Familie des Rixius Varus
Zu Zeiten krönte ein prächtiges Schloß die Höhe des Spiemonts bei Oberlinxweiler. Von dort aus sah man weit ins Land bis zum Schaumberg, von dem auch eine große Schloßanlage herüber grüßte. Die Witwe des Varus war die Herrin beider Schlösser. Sie besaß zwei Söhne, jeder erhielt eine Burg. Eine schnurgerade Straße verband die beiden Herrensitze, man kann ihre Rinne noch heute im Gelände verfolgen.
Sie aber war bereits Christin und ihrem Zuspruch gelang es auch, das Herz des Herren vom Schaumberg zu wenden, so daß er sich taufen ließ. Der jüngere Bruder Lux Varus Herr vom Spiemont, berannte nun den Schaumberg und unterlag.
Abermals zog er gegen den Bruder und diesmal krönte der Erfolg sein Unternehmen. Er verlor keinen Mann, gewann die stolze Veste auf dem Schaumberg und bekam auch seinen Bruder in die Gewalt. Stolz und siegesfroh überbrachte er ihn der Mutter. Nun war sein Rrachedurst gestillt und die alte Bruderliebe gewann wieder sein Herz…..
Die goldenen Wagen ihres Vaters, wie sie sowohl im Varuswalde wie im Spiemontberge oder gar im Momerich noch ruhen, aber fand keiner von ihnen.
(Die Sagen der Saar, Gesamtausgabe Nr. 789)
Schließen
Sagenhaft auch die Lebensgeschichte eines zehnjährigen Jungen einer Bergarbeiterfamilie aus dem Saargebiet.
“Die Revolution entlässt ihre Kinder” von Wolfgang Leonhard 1955: “Als ich an einem Frühlingstag des Jahres 1941 durch die Straßen (von Karaganda) schlenderte, sah ich plötzlich einen zerlumpten, in Fetzen gehüllten jungen Mann auf mich zukommen. Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Sollte das möglich sein? Es war Hubert im Wunderland”. (Wolfgang Leonhard hatte mit Hubert einige Jahre in einem Kinderheim in Moskau verbracht.)
Von Leonhards Episode berührt, erzählt nach fünfjähriger Recherche der in Sotzweiler aufgewachsene Wolfgang Brenner das Schicksal des Hubert L’Hoste aus Oberlinxweiler: die “bewegende Geschichte eines Individuums, das unter die Räder der großen Geschichte gerät”.
Es ist die Zeit der Saarabstimmung. Als Sohn eines Kommunisten wird Hubert von der Schriftstellerin Maria Osten und dem russischen Verleger Michail Kolzow im Oktober 1933 nach Moskau gebracht. Um dort als roter Pionier die Überlegenheit der UdSSR gegenüber dem Faschismus zu propagieren. Hubert wird zum Popstar in einem für ihn zur Schau gestellten Wunderland. ZITAT
Hubert im Wunderland
Oberlinxweiler
Wenn er den Weg seiner Altersgenossen aus Oberlinxweiler gegangen wäre, hätte Hubert eine Lehre bei der Bahn gemacht oder wäre mit vierzehn Jahren auf einer der saarländischen Kohlengruben als Knappe eingefahren. Er hätte ein Mädchen aus dem Ort oder aus der nur zwei Kilometer entfernten Kreisstadt zur Frau genommen, hätte als Elektriker oder Mechaniker sein Geld verdient. Er hätte vier oder fünf Kinder gehabt und das Dorf, das er liebte, nur selten verlassen. Vielleicht wäre er wie sein Vater der Kommunistischen Partei beigetreten und hätte es durch Fleiß und Engagement bis in den Bezirksvorstand des nördlichen Saargebietes geschafft. Sein Vater Johann L’Hoste saß während der Mandatszeit immerhin ein paar Jahre als Abgeordneter der KPD-Saar in dem machtlosen, aber dennoch angesehenen Landesrat in Saarbrücken.
Die Familie von Hubert L’Hoste aber hatte eine ganz besondere Leidenschaft. Sie träumte von einer besseren und gerechteren Welt. Dieser gemeinsame Traum war der Grund dafür, dass Hubert nicht den Weg seiner Oberlinxweiler Kameraden ging. Der kleine Hubert sollte nämlich auf der Suche nach der besseren Welt schon im Alter von zehn Jahren seine Heimat verlassen und allein gen Osten fahren. Tausende Kilometer weit.
Hubert sollte ein Held der Sowjetunion werden. Das riesige Land sollte ihn feiern und hofieren. Hubert sollte zu den Mächtigen des größten Landes der Erde eingeladen werden, er sollte auf dem Schoß eines leibhaftigen Feldmarschalls sitzen, er sollte mit den Parteigrößen speisen, sein Foto sollte in Büchern und in Massenblättern abgedruckt werden, Plätze und Straßen sollten seinen Namen tragen und in den Jugendclubs des Landes sollte viel von ihm und seinen Erlebnissen die Rede sein,
Dann aber sollte der Junge aus dem Saarland die Schattenseite der Macht und der Politik kennen lernen. Von einem Tag auf den anderen sollten ihn die, die ihn eben noch gefeiert hatten, verstoßen. Und dann sollte sein Abstieg in die Hölle beginnen. Oberlinxweiler sollte er nie wieder sehen.
(W. Brenner: Hubert im Wunderland. Vom Saargebiet ins Rote Moskau. Conte Verlag, Saarbrücken 2012)
Schließen
Durch das Erlebnis eines 18-jährigen im Jahr 1919 geht Oberlinxweiler in die Weltliteratur ein. Ebenso wie sein französischer Landsmann Louis Aragon ist Julien Green nach dem Zweiten Weltkrieg im Saargebiet stationiert. In Oberlinxweiler, wo er drei Monate verbringt, verhält sich die Bevölkerung abweisend gegenüber den fremden Soldaten, nur eine Lehrerin zeigt sich dem jungen Green gegenüber aufgeschlossen. Was ihn irritiert ist allerdings das Vergnüngen, das sie dabei empfindet, ihre Schüler zu schlagen.