Jean-Louis Kieffer

geb. 25. Mai 1948 in Filstroff nahe Bouzonville (F)

kieffer im gartenMundartautor aus Lothringen, Kämpfer für den Erhalt des Moselfränkischen

Kieffer wächst auf und lebt heute noch in dem kleinen Dorf Filstroff an der Nied bei Bouzonville, nur wenige Kilometer entfernt von der saarländischen Gemeinde Niedaltdorf. In der Familie wird Moselfränkisch (Lothringer Platt) gesprochen; als er in die Schule kommt, muss er die Erfahrung machen, dass dort nur Französisch erlaubt und die Mundart offiziell streng verpönt ist.

Kieffer TascheJean-Louis Kieffer wird Lehrer, unterrichtet bis zu seiner Pensionierung am Gymnasium in Bouzonville Französisch. 1985 beginnt er, Gedichte und kleine Prosatexte in Mundart zu schreiben. (→ Hörbeitrag 1: 3 Gedichte von Jean Louis Kieffer, vom Autor gesprochen). Seine Mundarttexte beschwören nicht die gute alte Zeit, sie haben einen aktuellen politischen Bezug. Im Kampf gegen das Atomkraftwerk in Cattenom entdeckt er mit anderen zusammen seine lothringische Identität.) Mit Separatismus hat das nichts zu tun, wie er im Gespräch mit LITERATURLAND SAAR betont. (→ Hörbeitrag 2: Interview mit Jean-Louis Kieffer)

kieffer blättert in BuchKieffer wird 1986 Gründungsmitglied und Präsident des Vereins Gau un Griis, der sich grenzüberschreitend für die „Erhaltung und Förderung der fränkischen Sprache“ einsetzt und Bücher und Kalender sowie die Literaturzeitschrift „Paraple“ herausgibt. Parole: „Schwätze platt c’est chic!“ Der Verein hat durchgesetzt, dass das Fränkische offiziell als Regionalsprache anerkannt wurde: Es hat heute Eingang gefunden als Wahlfach “Regionale Kultur und Sprache” im Rahmen des französischen Abiturs, und an den Ortseingängen wurden und werden weiterhin Ortsschilder in Moselfränkisch angebracht. (gaugriis.com) Im Interview zeigt Jean-Louis Kieffer sich mittlerweile eher skeptisch, was die Chance angeht, die Mundart wirklich lebendig zu halten: „Es ist zu spät. Man hat uns die Zunge abgeschnitten.“

2019 erscheint im Verlag von Gau un Griis das Buch „Òf der Zòng“, in dem das literarische Schaffen von Jean-Louis Kieffer aus drei Jahrzehnten in seiner ganzen Breite dargestellt ist: Gedichte und Prosa, abwechselnd in drei Sprachen mit Übersetzungen (Francique oder Platt ins Französische, Französisch ins Deutsche). Enthalten ist auch der aus den drei Sprachen gemischte Text „Grenzstein“, für den der Autor 1999 mit dem Saarbrücker Hans-Bernhard-Schiff-Preis ausgezeichnet wurde. Die Texte sind in drei Kapitel eingeteilt, das erste handelt überwiegend vom Wetter und den Jahreszeiten, das zweite entwickelt eine Landkarte des Herzens mit Eindrücken von weiteren und näheren Orten, nur im dritten Kapitel geht es ausdrücklich um die Sprache und ihren Verlust: „Er schwätzt nemeh de Sprooch von den Alten / Er hat se verluer / Mét seinen Mélchzänn / Sein Kéenersprooch / Schon lang héer.“
Zu Jean-Louis Kieffer siehe auch den Beitrag → Rösselsprünge längs der Nied von Fred Oberhauser. (RP)