Stefan Mörsdorf

geb. 21. Juli 1961 in Ottweiler

Der ehemalige saarländische Umweltminister hat 2018 ein Buch veröffentlicht, in dem er mit großer Offenheit von seiner Krankheit spricht und von der Pilgerwanderung erzählt, die er sich als Therapie verordnet hatte.

Mörsdorf, der in Saarbrücken und Trier Geologie, Botanik und Geographie studiert hat, engagiert sich im Naturschutz (1989-1999 Vorsitzender des Naturschutzbundes Saar), 1999 wird er für zehn Jahre Umweltminister des Saarlandes unter Ministerpräsident Peter Müller. Er ist zunächst parteilos, tritt dann in die CDU ein. Von 2011 bis 2016 ist Stefan Mörsdorf Geschäftsführer der Europäischen Akademie Otzenhausen.

Im Juli 2012, kurz vor seinem 51. Geburtstag, tritt bei ihm eine Hirnblutung auf. Er liegt tagelang im Koma, seiner Frau wird mitgeteilt, sie müsse damit rechnen, dass er die Nacht nicht überleben werde. Später wird die Prognose angepasst: Wenn er am Leben bliebe, werde er ein Schwerstpflegefall bleiben. Doch Mörsdorf gelingt es, die Lähmung seiner linken Körperhälfte nach und nach zu überwinden.

Immer noch stark gehandicapt, tritt Stefan Mörsdorf Ende April 2016 eine Pilgerreise über den Jakobsweg an. In fünf Monaten, über 25 Etappen, wandert er, allein und in Begleitung, vom pfälzischen Hornbach bis nach Metz. 2018 veröffentlicht er in der saarländischen Edition Schaumberg unter dem Titel „Schritt für Schritt“ einen Bericht von dieser Wanderung.

In dem Buch spricht Mörsdorf offen von seiner Behinderung, aber auch von seiner Anstrengung, ihr zu trotzen. Für den religiös fundierten Autor ist diese Wanderung nicht bloße Körperertüchtigung, sondern auch eine Pilgerreise. Indem er sich schrittweise ins aktive Leben zurückkämpft, macht er wieder die Erfahrung: „Das Leben ist schön.“ (Siehe Interview in unserer Audio-Datei) Die Schilderung seiner Erlebnisse wird ergänzt von geschichtlichen, kulturgeschichtlichen und geographischen Information über die Stationen dieser Pilgerreise.

Stefan Mörsdorf wohnt mit seiner Familie in Schiffweiler.

In unserem Zitat geht es um den Besuch der Wirotius-Werft in Rilchingen-Hanweiler. ZITAT

Zitat von Stefan Mörsdorf

Montag, 1. August 1916: Von Auersmacher nach Rilchingen-Hanweiler (3,9 km)
[…]
Für zwei Uhr sind wir auf der Wirotius-Werft angekündigt. Das ist nicht mehr zu schaffen, weshalb wir den Wirotius-Brüdern unsere Verspätung telefonisch mitteilen. Über den lockeren Ufersand erreichen wir die Eisenbahnbrücke, über die Gleise der Saarbahn und ein Fußweg führen. Um abzukürzen entscheiden wir uns, den Bahndamm hoch zu kraxeln. Peter Lupp als Erster. Er trampelt die Brennnesseln nieder und räumt die in den Weg hineinragenden Brombeerranken zur Seite. Norbert geht dicht hinter mir und sichert mich ab, während ich die schmalen Stufen hinauf klettere. Es gelingt. Es ist ein erhebendes Gefühl, über den Saar auf der Brücke zu stehen. Nur noch dreißig Meter bis Frankreich! Schon einmal bin ich mit Peter Lupp, damals mit polnischen Studenten, über diese Brücke gewandert. Und schon einmal standen wir gemeinsam hier oben und blickten auf die Wirotius-Werft. Die alten Schiffe waren mir schon häufiger aufgefallen, wenn ich über die Autobahn nach Saargemünd fuhr. Immer dachte ich: soviel rostiges Chaos, typisch Frankreich!
Doch ich irrte mich gewaltig. Damals erfuhr ich von Peter Lupp, dass dies noch ein Stück und – wie ich lernen sollte – ein ganz besonderes Stück Saarland sei. Er lenkte mein besonderes Augenmerk auf die „Anna Leonie“, das letzte verbliebene Treidelschiff, das in der Wirotius-Werft lag und sich in einem erbärmlichen Zustand befand. Aus dem Bauch des Schiffes wuchsen bereits meterhohe Birken und Salweiden. Das Besondere an diesem Treidelschiff war, dass es nicht wie die meisten anderen alten Schiffe im Laufe der Jahrzehnte ihrer Lebensdauer ständig modernisiert und irgendwann motorisiert worden war, sondern immer in seinem ursprünglichen Zustand erhalten blieb. […] In jahrelanger mühevoller Kleinarbeit und mit finanzieller Unterstützung des Landes, sachkundiger Liebe zum Detail, vor allem der Handwerkskunst der Wirotius-Brüder und der Hartnäckigkeit von Werner Becker wurde die Anna Leonie sorgfältig restauriert und wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt. Das einzige Denkmal der treidelschifffahrt, die so viel zur Industrialisierung beigetragen hat, war gerettet. […]

aus Stefan Mörsdorf: Schritt für Schritt. Marpingen 2018

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2021 legt Stefan Mörsdorf den zweiten Band über seine Pilgertour durch Lothringen vor. In „Milane im Wind“ beschreibt er die Fortsetzung seines Weges von Metz bis nach Montigny-le-roi. Es ist „ein kurzweiliges Mutmach-Buch, das einmal mehr zeigt: Das ganze Leben ist eine Pilgerreise.“ (RP)