geb. 5. Dez. 1948 in St. Ingbert; lebt im Bitscher Land
Dichter, Spaßvogel, Kabarettist, Liedermacher, Journalist und Pastor sogar: Volker C. Jacoby ist auf vielen Feldern zugange.
Kindheit und Jugend verbrachte Volker C. Jacoby in St. Ingbert und besuchte dort den humanistisch-altsprachigen Zweig des Staatlichen Realgymnasiums (heute Leibniz-Gymnasium). Nach Bundeswehr, abgebrochener Uni und diversen Jobs begann er parallel zu seinen Lesungen und literarischen Solokabarett-Programmen eine freie Mitarbeit beim Saarländischen Rundfunk, zunächst als Korrespondent für die SR 3-Regionalnachrichten. Es folgten Aufgaben als Sprecher bei Hörspielen (mehrmals mit Manfred Sexauer als Regisseur), als Synchronsprecher („Aktuelle Umschau“) sowie für diverse Werbespots.
Zu dem Duo „Jacoby & Schorsch“ tat sich Jacoby 1977 mit Schulkamerad Schorsch Seitz zusammen. Zunächst auf regionalen Bühnen (auch mal eine Woche mit „Schobert & Black“ im Saarbrücker „Grenzlandtheater“) unterwegs, wurden von ihnen vornehmlich humoristische Lieder in Hochdeutsch und rheinfränkisch-saarländischem Dialekt mit kabarettistisch-ironischer Note zu Gehör gebracht. Vor allem ihre Mundartsongs schlossen eine offenkundig bestehende Marktlücke, zumal „SR 3 Saarlandwelle“ die beiden permanent im Programm hatte und so einem breiteren Publikum bekannt machte. In der Folgezeit produzierten „Jacoby und Schorsch“ drei Singles und ebenso viele Vinylalben. Innerhalb der Tournee „Musikszene Saar“ hatten sie auch „Open Air“ mit Rockbands.
Bald über die Grenzen des Saarlandes hinaus bekannt, bekam das Duo Engagements u.a. in Berlin, Köln (WDR), Frankfurt, München, Basel und Brüssel. Während einer TV-Aufzeichnung im Stuttgarter Renitenztheater trafen sie damals auch auf Mathias Richling und Karl Dall. Mit letzterem arbeitete Jacoby für RTL bei der Radiosendung „Die schlaue Stunde“ mehrfach zusammen. Ende der 1980er-Jahre erreichte die Popularität von „Jacoby & Schorsch“ – nicht zuletzt durch ihre Auftritte bei Hanns Dieter Hüsch – ihren Höhepunkt, 1992 war dann erst einmal Schluss. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin fiel Jacoby nach eigenen Angaben „in ein tiefes Loch“ und fand keinen Antrieb mehr für eine weitere künstlerische Betätigung.
Aus dieser Situation sei er, wie er sagt, mit Hilfe seines Glaubens wieder auf die Füße gekommen; so strebte er Anfang des Jahrtausends eine Ordination als Geistlicher an: seit 2003 ist er evangelisch-freikirchlicher Geistlicher, hält Andachten, schließt Ehen und hält Trauerreden. So sprach er auch am Grab von Ruth Ricarda Bruch, der St. Ingberter Lyrikerin. Mit ihr als Zeitzeugin und Mentorin fürs Lyrische verband ihn über zwei Jahrzehnte eine starke Freundschaft.
Literarisch wieder fest im Sattel, veranstaltet er nun seit Jahren wieder Lesungen, auch mit Gesangseinlagen. Mit seinen Mundartbeiträgen hat er im „Mundartring Saar“ ein dankbares Betätigungsfeld, auch als Rezitator: er gibt mittlerweile verstorbenen Autoren-KollegInnen wie Heinrich Kraus, Edith Braun, Eugen Motsch und anderen seine Stimme.
Eine erneute Zusammenarbeit mit Schorsch Seitz ergab sich 2018: ein gelungenes Reloaded“ nach über 25 Jahren mit „Open-End-Perspektive“. Zusammenarbeiten bestehen auch mit Michael „Doc“ Schaefer (als Duo „Finderlohn“), hin und wieder auch mit „Mundartkollegen“ wie beispielsweise Günther Hussong und „Elfriede Grimmelwiedisch“. Ein „Hüsch-Abend“ mit Musik in Angedenken für seinen Freund und Kabarettkollegen Hanns Dieter Hüsch wurde 2010 ins Repertoire aufgenommen.
Literarisch unentwegt produktiv, finden sich seine Gedichte in der Tradition der komischen Poesie im Stil von Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz, Eugen Roth, Heinz Erhardt und Robert Gernhardt. Seine Lyrik und Prosa veröffentlicht Volker C. Jacoby auch auf LiteratPro, Facebook und YouTube. ZITAT
Zitat von Volker Jacoby
Chillen oder Nachhilfe für Neulinge in Neudeutsch
Liebe angehende Freunde neudeutsch-verbalen Kulturgutes, heute möchte ich Ihnen gerne einmal einen Überblick betreffs der Bedeutung und des Gebrauches des Verbums „chillen“.
Ich benutze hier bewusst die lateinische Form „Verbum“, was ja soviel wie „Tätigkeitswort“ bedeutet. Von einer echten Tätigkeit kann allerdings bei „chillen“ weniger die Rede sein, denn es bedeutet primär soviel wie „ausruhen, entspannen“. Oder eben auch abhängen, wobei nicht eigentlich etwas abgehängt wird, keine Wäsche, kein Filetstück, kein Anhänger, kein Delinquent, kein Weihnachtsbaum nach dem Dreikönigstag.
Es ist zumeist ein Mitbürger im postpubertären Alter, der dieser Tätigkeit frönt, und was er abhängt, ist er sich selbst. Oder die Uhr an der Wand, damit er nicht gleich sieht, wann damit Feierabend ist. Tatsächlich wird das Wort „chillen“ vorwiegend von Angehörigen der jüngeren global-anglophilen Generation genutzt, und es beliebt, im Großen und Ganzen, in seiner Bedeutung von „rumhängen, nichts tun, faulenzen“ in Anspruch genommen zu werden. Wir, die Teens der Siebziger, hatten bestenfalls „relaxt”, wenn’s denn schon in Englisch sein musste.
Ein Angehöriger dieser Zielgruppe sagte mir neulich, gerade weil „chillen“ auch mit dieser Aussage des schwerpunktmäßig praktizierten Muskelschonens belegbar ist, habe sich, so Besagter, das Verhältnis von ihm zu seiner Mutter deutlich verbessert. Wenn sie früher angerufen und gefragt habe, was er gerade so mache, und er ihr erklärt habe, er tue gerade einmal nichts und wieder nichts und sei dabei, sich davon auszuruhen und zu entspannen, so sei die Mutter indigniert und eingeschnappt gewesen, da sie wusste, dass er für gewöhnlich ohnehin nichts brauchbar Aktives zustande zu bringen gewillt war. Und auch nichts wirklich Brauchbares zustande brachte. Seitdem er jedoch pro Anruf obiges Wort dazu eingesetzt und gesagt hatte, er sei kräftig und umfangreich dabei zu „chillen“, seien die Reaktionen der Mutter darauf weitaus versöhnlicher geworden, ja geradezu erfreuter bis manisch-euphorischer Natur, denn sie habe ja nun den Eindruck, dass er etwas absolut Produktives täte. Eben als „Chiller”.
Ja eben! Gerade diese „Chiller“ waren uns bislang nicht bekannt. Wir wussten zwar, dass sich vornehm-betuchte Damen aus besseren Kreisen früher gerne um die Schultern einen pelzigen Chiller aus China legten, einen so genannten „Chin-Chiller”. Oder dass sie sich bestenfalls beim Friseur modische „Chiller-Locken“ ondulieren ließen. Auch dass die etwas bescheideneren Herren gerne unter dem Sakko ein „Chillé“ trugen. Oder “Chiller-Locken“ aßen, egal wie fettig. Oder Chill-Kröten-Suppe. Mit oder ohne Chilli-Pepper, vom Chillsitter-Scheibenkäse ganz zu schweigen.
Kulturell gesehen lernt heute keiner mehr „Chiller’s Glocke“ von vorn bis hinten auswendig, und die Menschen chillen auch nicht mehr nach dem Glück, nur noch nach dem schnellen Erfolg. Oder achten gesetzestreu als Autofahrer auf wichtige Verkehrs-Chiller im großen, unübersichtlichen Chillerwald.
Man schläft auch heute nicht mehr in der Kirche ein, man „chillt“ höchstens in the Church, gehört damit zu den Church-Chillern und liegt voll im Trend; in England war Churchchil schon mal ganz up to date, auch unter Politikern.
Ja und was sonst noch? Vergessen wir nicht Walter Chiller und Nadja Chille“, das beliebte, wenn auch nicht müde Schauchiller- hm – Schauspieler-Ehepaar. – Und wenn Sie dieser Text nun so gelangweilt hat, dass sie kurz vor dem Einschlafen sind: kaufen Sie im Zoogeschäft eine Packung „Chill“-Sittich-Futter mit den beliebten Jod-S-11-Körnchen, das aktiviert Ihre Chill-Drüse und Sie können wieder mal wie ein Vöglein bei der Hochzeit das lustige „Chillirallala!“ anstimmen.
Mit freundchillen Grüßen,
Ihr Chill Eulenspiegel.
aus: www.literatpro.de/prosa/050116/chillen
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