Friedrichsthal

 

Friedrichstal ist eine Stadt im Regionalverband Saarbrücken, bestehend aus den Ortsteilen Friedrichsthal, Bildstock und Maybach. Friedrichsthal wurde 1723 gegründet, es war ursprünglich eine Ansiedlung um eine Glashütte, benannt nach dem Tal des Sulzbachs und dem Gründer Graf Friedrich Ludwig von Ottweiler. Bildstock geht auf ein um 1700 angelegtes Hofgut des Grafen zurück. Die Ortsteile erlebten ganz unterschiedliche territoriale Zugehörigkeiten, nach dem 1. Pariser Frieden 1814 waren Friedrichsthal und Bildstock für kurze Zeit durch die deutsch-französische Staatsgrenze getrennt. Erst 1866 wurde Friedrichsthal zusammen mit Bildstock eine selbständige Gemeinde, es gehört damit zu den jüngsten Gemeinden des Saarlandes. Der Ortsteil Maybach entstand am Standort einer 1873 im Westen des Gemeindegebietes eingerichteten Steinkohlengrube, benannt nach einem preußischen Minister. 1969 wurden Friedrichstal die

Das Stadtwappen zeigt im oberen Feld einen goldenen Löwen mit Grubenlampe in der rechten Pranke, im unteren Feld zwei Glaspfeifen. Friedrichstal erlebte durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert einen raschen Aufschwung, zunächst dank der Glasindustrie. Waren es anfangs kleinere Betriebe, kam es nun zu Betriebserweiterungen und zur Gründung neuer Glashüttenbetriebe. Die Glasindustrie war auch der Schrittmacher für den Bergbau in bzw. unter Friedrichsthal: Schon Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die exklusive Genehmigung erteilt, die Glasschmelzen mit vor Ort geförderter Steinkohle zu beheizen. Bald lief der Bergbau der Glasindustrie den Rang ab, zu Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte sie ihren endgültigen Niedergang. Die Grube Maybach gehörte mit 18 Schächten in den 1930er Jahren zu den wichtigsten Abbaustätten des Saarreviers. Bei einer mächtigen Schlagwetterexplosion auf Maybach fanden am 25. Oktober 1930 achtundneunzig Bergleute den Tod. Maria Becker-Meisberger hat darüber ein bewegendes Mundartgedicht geschrieben. ZITAT

Foto der Häuser in der BergwerksiedlungDie Grube wurde 1964 stillgelegt, 1981 wurde Maybach als Ort der saarländischen Industriekultur unter Denkmalschutz gestellt. Der Niedergang des Bergbaus zog die Stadt mit in die Krise. Es soll in Friedrichsthal keinen Quadratmeter geben, der nicht unterminiert wurde, Bergschäden an Wohngebäuden und daher mangelnde Attraktivität für Ansiedlungen waren die Folge. Heute unternimmt die Stadt große Anstrengungen, dem entgegenzuwirken. Unter dem Namen des von hier stammenden Malers Otto Weil (1884-1929) hat die Stadt 1998 einen Kulturpreis gestiftet.

Bildstock erwarb sozialgeschichtliche Bedeutung durch den 1891/92 errichteten Rechtsschutzsaal, der als das älteste Gewerkschaftsgebäude in Deutschland gilt. (→Nikolaus Warken)

In Liesbet Dills „Virago“ (1913) werden in einem Kapitel die Ereignisse um die Gründung des Rechtsschutzvereins erzählt, porträtiert wird auch der Arbeiterführer Nikolaus Warken, genannt Eckstein, der im Roman Bickel heißt und den sie hier, wie die Karte im deutschen Kartenspiel, Schellenwenzel nennen.

Als der Student Johann Wolfgang Goethe 1770von Straßburg aus einen Abstecher ins Gebiet an der Saar unternahm, kam er beim Ritt von Saarbrücken nach Neunkirchen mit seinen Kommilitonen auch an Friedrichsthal vorbei, „wo wir eine der wichtigsten und wunderbarsten Werktätigkeiten des menschlichen Kunstgeschickes im Vorübergehen kennen lernten“ („Dichtung und Wahrheit“, 10. Buch).

Friedrichsthal ist der Geburtsort des Reiseschriftstellers Heinz Helfgen (1910-1990), der mit den Berichten von seiner Weltumradelung Anfang der 1950er Jahre Furore machte.

Foto des Straßenschildes an einer Mauer

Brotstraße in Bildstock

Manfred Römbell (1941 bis 2010) hat mit der „Rotstraßen“-Romantrilogie seiner Geburtsstadt ein literarisches Denkmal gesetzt. Auch in seiner Lyrik gibt es Reminiszenzen an Friedrichsthal. Schon 1973 wurde auf einer Textgrundlage von Römbell unter der Regie von Georg Bense ein nicht unkritischer Fernsehfilm über Friedrichsthal gedreht: „Ansätze von Ästhetik, von Ausgewogenheit, zeigen sich nur selten hier, fast alles ist zufällig, gewachsen nach Bedarf, die Identifikation mit dem Äußeren der Stadt ist eine Sache der Gewohnheit, nicht der Zustimmung.“ Die Stadt hat es ihm nicht nachgetragen, ihm 2002 den Otto Weil Kulturpreis verliehen und 2015 einen Weg nach ihm benannt. ZITAT

schwarz weiß aufnahme als des Autors als Lehrer auf dem Tisch sitztend mit blick nach vorne

Ludwig Harig als Lehrer in Friedrichsthal. Foto: Wilfried Bauer

Der Schriftsteller Ludwig Harig war von 1956 bis 1970 Volksschullehrer an der Friedrichsthaler Bismarckschule. Von seiner ersten Lehrerstelle im Bauerndorf Dirmingen kommend, erlebte er Friedrichsthal als ein Bergmannsdorf, wo „am Kolonieschacht die Reihenaborte familienzugehörig den Tuffstein- und Eternitbaracken auf der anderen Straßenseite gegenüberliegen, wo Fenster und Türen jahrein, jahraus offenstehen, wo folglich das Gespräch zwischen Mutter und Sohn, zwischen Opa und Tante auch in Augenblicken natürlicher Zurückgezogenheit nicht abreißt, wo also jegliche Weise von Austausch und Fröhlichkeit gedeiht“, und er lernte Menschen kennen, „die unentwegt von ihren befreiten Trieben zu Veitstänzen verlockt, die also von Staatsanwälten und Gerichtsvollziehern fortgesetzt in Augenschein und Gewahrsam genommen werden“. So schreibt Harig im Vorwort der Schüleraufsätze aus Dirmingen und Friedrichsthal, die er 1972 unter dem Titel „Und sie fliegen über die Berge weit durch die Welt“ herausgibt.