geb. 12. Aug.1949 in Überherrn
Foto: privat
Dass Harald Ley nur wenige Hundert Meter diesseits der französischen Grenze geboren und aufgewachsen ist, bestimmt die eine Seite seiner Beziehung zu Frankreich. Die andere, speziellere Seite betrifft Familie und Verwandte diesseits und jenseits Grenze, deren eigentliche Muttersprache das Moselfränkische ist, gleichgültig, wie fühlbar oder durchlässig diese Grenze sich im Wandel der Zeiten zeigt: Man spricht untereinander das Moselfränkische als eigentliche Muttersprache. „Hochdeitsch ónn Franzeesch“ bringt ihm erst die Schule bei.
„Richtig französisch“ wird es dann in Nancy, wo er nach dem Abitur ein Jahr an der Faculté des Lettres zubringt. Es folgt in Saarbrücken das Studium für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen mit den Fächern Französisch und Katholische Religionslehre. Lehrer wird er dann an der Grund- und Hauptschule in Düppenweiler, der Hauptschule in Völklingen-Ludweiler und bis zum Ruhestand an der Gesamtschule Wadgassen.
Nach 10 Jahren im „Exil“ im rheinfränkischen Völklingen lebt Ley seit 1981 im Saarlouiser Stadtteil Picard.
Mit Gedichten und Kurzprosa in seiner moselfränkischen „Mammenspròòch“ beginnt er 1986. ZITAT
Zitat von Harald Ley
Et Gléck vonn der Erd
„Et Gléck vonn der Erd
leit omm Bockel vomm Perd”
Verlòò die Welt,
die ennen kläänen Bou,
der wo noch neischts versteht
vonn ihrem Gléck,
so eppes lehrt.
Et Gléck omm Bockel vonnem Perd,
wie sòllt er dat dòò souchen?
Et Gléck, dat ess enn Kletsch*,
die bampelt roff onn ronner,
vonn oowen vonn der Deck
omm Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der klään Bou
huckt ennem kläänen Auto.
Ronn fò Ronn
streckt er sein Ärmcher
hoch onn héher,
fò de Kletsch se packen,
onn mouss gesinn,
wie der omm Päärd se fängt,
grad so, äss wäär se nur
fò den allään,
de Kletsch, et Gléck,
enn Ronn geschenkt
omm Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der klään Bou
mouss zouloun, wie der anner strahlt,
fò Gléck sein Aauen blénken,
der hott all Frääd allään.
Omm Bockel vonnem Perd,
dòò hòtt et net gelää, et Gléck.
So’m kläänen Bou,
dem kamma vill verzehlen.
Omm Bockel vonnem Perd
éss ma nur greeßer fò’t se packen.
Dat hòtt er haut gelehrt,
der klään Bou
omm Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der klään Bou
hótt et nie meh vergess,
et Gléck, dat mouss ma packen,
sonscht éss die näckscht Ronn
net ommsonscht. De Kletsch,
die kann nur ääner fänken,
all annern monn bezahlen
fò ihr Gléck.
Wémma de Kletsch
nét kréin kann,
kòscht de näckscht Tour Geld.
Et Leewen ess
kään Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der klään Bou
gesitt beim greeßer génn,
et Leewen kennt kään Kletsch,
wo roff onn ronner bampelt.
Et hollt sech jeder, wat er well,
onn ma bezahlt fò alles.
Et hatt enn Sénn et Leewen,
ma leeft et nét ommsonscht,
enn gléckléch Leewen kaaft ma.
De Kletsch wòòr längscht vergess,
wie’t Gléck ze packen éss,
vergess, wie äänfach et doch wòòr
omm Kénnerkarusell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der grooß Bou,
der éss enn klääner bleif.
Wat ém gefall hòtt, wollt er hann,
wat er hann wòllt, mousst er kaafen,
émmer meh onn émmer greeßer,
et nauscht, et beseht, et deiierscht.
Awwer mét neischt zefridden,
nie so enn Frääd gekannt,
so’n Strahlen énn de Aauen,
nie so wounschlos gléckléch,
wie der Bou omm Perd,
mét der Kletsch énn der Hand
omm Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
Onn der grooß Bou
hòtt Wounsch fò Wounsch
mét seiner Seel bezahlt,
mét seiner Frääd, mét seinem Hèrz
onn mouss am Enn gesénn,
nur wat ma däälen kann,
éss eppes wert émm Leewen.
Haut wénscht er séch nur äänt
vonn dem lòò oowen:
Enn Kletsch, wo roff onn ronner bampelt,
onn se se packen, fò’n nau Tour se kréin
émm Leewen, so wie der ään
omm Kénnerkarussell
émm Kreitzwald off der Kirf.
*Kletsch = Quaste; hier als Wedel gemeint, der an der Kirmes in Kreutzwald auf einem Kinderkarussel hoch- und runtergelassen wurde. Wem es gelang, den Wedel zu fangen, der bekam eine Freifahrt.
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Den ersten Anstoß gibt eine Lesung von Jean Louis Kieffer, der zur Verteidigung des Moselfränkischen in Lothringen mit Gleichgesinnten gerade die Vereinigung Gau un Griis gegründet hat (in deren Vorstand Ley später selbst mitarbeiten wird). Eine weitere Anregung kommt vom Saarländischen Mundartwettbewerb, an dem er sich nun beteiligt. Die Anerkennung folgt schon ein Jahr später: Er gehört zur Gruppe der 1. Preisträger beim 9. Wettbewerb – und ein Jahr später abermals.
Zur Jahrtausendwende erscheint der erste seiner „Saarluier Kalenner – Gedichtcher onn Geschichtcher fòr iwwert Jòhr“ mit jeweils zwölf moselfränkischen Texten. Nach und nach unterstützen ihn tatkräftig, auch durch Illustrationen, seine Enkelkinder. Das Projekt endet mit der 20. Ausgabe 2019.
Der Bosener Gruppe gehört er kurz nach deren Gründung an. Wichtige Station ist das Jahr 2007 mit einem Sonderpreis beim 10. Wettbewerb zum Hans-Bernhard-Schiff-Literaturpreis. Im selben Jahr erscheint sein moselfränkischer Gedichtband „Bont onn gròò, et Leewen“. Mit dem Saarlouiser Kulturpreis wird er 2009 ausgezeichnet.
Ab 2010 schreibt er sein hochdeutsches kritisch-satirisches „Schlusswort“ für die Monatszeitschrift des Landesverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der er seit fast 50 Jahren angehört und für die er auch ehrenamtlich arbeitet. In diesem Rahmen entstandene 24 Corona-Gedichte veröffentlicht er 2021 als Buch „Coronaden“, dessen Erlös er zugunsten der lokalen Kunst- und Kulturszene spendet.
Peter Eckert