Straße der Skulpturen
Den Anfang machte das Symposion.
Von St. Wendel geht es auf der L123 den Gudesberg hoch zum Parkplatz Am Symposium. Der unten An der Damra lebende Bildhauer Leo Kornbrust hat auf dem abfallenden Gelände 1971/1972 das erste und internationale Steinbildhauer-Symposion des Saarlandes initiiert. Einen Sommer lang lebten und arbeiteten im ersten Jahr elf Künstler aus verschiedenen Ländern. Begleitet wurden sie von Autoren, die nicht nur die Arbeit am Stein interessierte, die auch die Ruhepausen, das mittägliche Mahl und lange Abende mit ihnen teilten. In zwanglosen Vorträgen gaben sie ihren Eindrücken und Emotionen Ausdruck. Ein paar Notizen:
Michael Krüger: „Als ich von St. Wendel und Urweiler zurückkam, erzählte ich […] von dem Bauern, der sich glücklich auf den Stein von Prantl gelegt hatte, ich erzählte von Elbling und vom Essen und redete wie besoffen von den Steinen, bis jemand sagte, der hat sich offensichtlich in einen Stein verliebt: und er hatte, was er nicht wissen konnte, recht.“
Manfred Römbell: „Man spürte, dass von dieser Sache Impulse ausgehen können, gegen alle Widerstände, für das eigene Leben und für das Leben in der Gemeinschaft. […] Hier wurde etwas scheinbar Sinnloses getan, ohne Profit und ohne Leistungsdruck, und allmählich merkt man, daß diese Aktivität Anstoß sein kann zu weiterer Aktivität, die nicht nur etwas mit Steinen zu tun hat, sondern auch mit dem Menschen.“
Gerhard Stebner: „Des Herzens Woge schäumte nicht so schön, wenn nicht der alte stumme Fels. […] Aber die Steine bleiben nicht stumm, sie werden stammeln, reden, schreien. Hört, hört!“
Leo Kornbrust hat in seinen “Steinthron” “Hommage à Bunuel” (spanischer Filmregisseur) zwei Sprüche eingemeißelt. Von Ludwig Harig: „Sitze recht und scheue niemand/wer nicht hören will muss sitzen/wer zuletzt sitzt sitzt am besten ; von Hans Arnfrid Astel: Ich komme zu mir, da wäre ich gern.“
(Zitate aus: Internationales Steinbildhauer-Symposion, Hrsg. St. Wendel 1972)
Aus dem Bildhauersymposion erwuchs die Straße der Skulpturen.
1979 eröffnet, führt sie bei einer Länge von rund 25 km, großteils entlang dem Saarland-Rundwanderweg, zum Bostalsee.
Markierung: grüner Weg auf weißem Grund.
Der “Große Fuß” des Japaners Yoshimi Hashimoto entstand 1977 und war somit der “erste Schritt” auf der geplanten Straße. Dazu Felicitas Frischmuth, Leo Kornbrusts ”Fee”: „Von der Straße her gesehen, liegt der Fuß geschlossen da wie ein zart gewellter Hügel in dieser Hügellandschaft. Von der anderen Seite fehlt ihm das Fleisch. Da sieht er aus wie ein Gerippe. Seine Dimensionen strahlen aus in die Nachbarschaft.“
Vom Symposion ist es nicht weit zum Grauen Dorn, „einer einsamen Heidefläche inmitten fruchtbarsten Ackerlandes. Kiefern duften hier im Sonnenglanz, und der Herbst lässt das Heidekraut in brennenden Farben finden“ (Karl Backes 1937). In den Grotten, den „Dachslöchern“, an seinem Steilhang hausen drei weise Frauen. Oben steht die schmale und 180 cm hohe Skulptur von Dorothee von Windheim, geschaffen 1987/88 aus Buntsandstein, Eisen und Glas. Beziehungsweise das, was von ihr übrig blieb. Die Quintessenz ihrer Arbeit, eine in die Eisenstele eingelassene Glashülse mit einer Hand voll Steinbrocken darin, wurde bereits fünf Monate später zerstört.
Zur Einweihung ihrer Skulptur hielt die Bildhauerin eine Rede “Über die Vergänglichkeit”. ZITAT
Es dauerte, bis Dorothee von Windheim sich ihrer inzwischen im Gestrüpp verlorenen Stele wieder annahm. Der Hohlraum, der die Steinreliquien barg, ist nun beidseitig von Stahlplatten verschlossen: eingraviert die Daten der Einweihung und der Zerstörung auf Deutsch und auf Französisch sowie die Initialen DvW. „Sonst nichts.“ Am 24. September 2023 wurde die Neufassung der Stele „Über die Vergänglichkeit“ eingeweiht.
Mit der Widmung der Skulpturenstraße an den Maler und Bildhauer Otto Freundlich begann Leo Kornbrust dessen Vision zweier sich kreuzender “völkerverbindenden Skulpturenstraßen” in einer Straße des Friedens zu verwirklichen. Sie reicht heute von der Küste der Normandie bis Moskau und von Amsterdam bis zu den Pyrenäen.1