Sulzbach

 

Salzhäuser

Sulzbach, das Gewässer und der Ort, verdanken ihren Namen der Kochsalzhaltigkeit des dortigen Grundwassers. Von der einstigen Saline, 1736 geschlossen, ist heute nur noch das in ein Kulturzentrum umgewandelte Salzbrunnenhaus erhalten. Der Ort, vermutlich im 12. oder 13. Jahrhundert gegründet, 1346 zum ersten Mal schriftlich erwähnt, war eine arme Waldbauerngemeinde, bis die Entdeckung der Steinkohlenlager Anreiz gab, sich in dieser unfruchtbaren Gegend niederzulassen. Nach der totalen Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf erst 1728 neu gegründet. War zunächst von Bauern und Handwerkern „wild“ gegraben worden, begann nach der Verstaatlichung Mitte des 18. Jahrhunderts die systematische Kohlegewinnung.

schwarz weiß Foto der Glashütte an den SchienenSeit Beginn des 19. Jahrhunderts kam durch die Familie Vopelius die Glasherstellung als bedeutender Industriezweig dazu (bis 1929). Von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung war die mit dem Namen der Familie Appolt verbundene chemische Fabrik, die so genannte Blaufabrik; deren wichtigstes Erzeugnis, das u.a. zum Färben von Textilien verwendete „Berliner Blau“, wurde bis nach Amerika und China exportiert (1786-1938). Anfang 2022 wird begonnen, die noch stehengebliebenen Ruinen der Blaufabrik bis auf ein paar symbolische Reste abzureißen, die Stadt möchte auf dem Gelände einen Park anlegen. 1946 wurde Sulzbach zur Stadt erhoben. Als in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts innerhalb kurzer Zeit drei Bergwerke und die Altenwalder Kokerei ihre Betriebe einstellten, sah sich Sulzbach seiner traditionellen Existenzgrundlage entzogen und bemüht sich seitdem um die Ansiedlung neuer Industrien.

Ortsteile von Sulzbach sind heute Altenwald, Brefeld, Hühnerfeld, Neuweiler, Schnappach.

schwarz weiß Aufnahme als der Autor aus "Die saarländische Freude" vorliest

Ludwig Harig, 1978. Foto: René Maltha

Zwischen Sulzbach und dem benachbarten Dudweiler, das eine ähnliche Wirtschafts- und Sozialstruktur hatte und mit dem man sich die Attraktion Brennender Berg samt Goethe-Besuch teilen muss, herrscht eine historische Rivalität. Seitdem das Berliner Blau den Namen Sulzbach nicht mehr in alle Welt trägt, hat das mit seiner Literatur erst wieder der Schriftsteller Ludwig Harig erreicht. Mit ihm wurde der Saarländer und speziell der Sulzbacher – wenn auch ironisch – zum Modell des idealen Menschen. Mit Harig und seinem Sulzbacher Schulfreund Eugen Helmlé ist die Stadt Heimat gleich zweier saarländischer Kunstpreisträger. In Erinnerung an die beiden Autoren gibt Sulzbach 2010 dem Platz vor der Aula den Namen „Eugen Helmlé Forum“ und 2019 der Fläche hinter dem Rathaus den Namen „Ludwig Harig Forum“.

Blick auf das ForumDer Pfarrer Hermann Laven ließ 1887 anonym den „Sang von Lao Fumtse“ erscheinen, eine satirische Anklage der Verhältnisse im saarländischen Bergbau im Mantel eines chinesischen Gedichts. Nicht genug der Schlüsselliteratur zu Sulzbach: Klaus Bernarding verfremdet in der literarischen Bilanz seiner Zeit als örtlicher Kulturamtsleiter Sulzbach zu Soultzwiller und befindet: „Soultzwiller besticht nicht durch seine Einmaligkeit, sondern durch seine Ehemaligkeit.“

Neuerdings versucht Sulzbach, durch die Veranstaltung der so genannten Liebesroman-Tage literarisch präsent zu bleiben. Ein städtischer Kunstpreis trägt den Namen des in Schnappach aufgewachsenen Malers Fritz Zolnhofer.

Zur Sulzbacher Literaturgeschichte gehören die Lyriker Werner Meiser (1923-1963) aus Altenwald und Albert Bierbrauer (1911-1992) aus Neuweiler. Bis heute hochgehalten wird das Gedächtnis an die katholische Heimatdichterin Mathilde Mathis (1887-1951), die seit 1913 als Lehrerin in Hühnerfeld gewirkt hat und durch ihr kulturelles Engagement dazu beigetragen hat, dass in dem Ort überhaupt ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstand.  Ein bekannter Vertreter der zeitgenössischen Mundartliteratur ist Horst Lang mit seinen Glossen in der „Saarbrücker Zeitung“ und den „Sulzbacher Mundartpredigten“.
Der St. Ingberter Lokalhistoriker Wolfgang Krämer ist 1885 in Schnappach geboren, als es noch ein Stadtteil St. Ingbert war (seit 1974 zu Sulzbach).

Einen sehr guten Einblick in die Sulzbacher Lebensverhältnisse ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermitteln die Lebenserinnerungen von Johann Ludwig Zeitz, der zunächst als selbständiger Metzger in Sulzbach arbeitete, um später in Metz einen Fuhrbetrieb aufzubauen. ZITAT

Der Sage zufolge war Sulzbach schon vor Zeiten eine Stadt, die in Kriegszeiten aber völlig zerstört worden sei. Auf dem Hammersberg soll um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch eine Hexe gewohnt haben. Sagenumwoben auch die Fabrikantenfamilie Appolt: „Es spukt in Appolts Gaarde“, heißt es im Sulzbacher Volksmund, und: „Die ald Frau Appolt geht um.“

Hinweistafel am Geburtshaus von Ludwig Harig

In Ludwig Harigs autobiografischen Romanen ist Sulzbach immer wieder gegenwärtig, von der frühen Kindheit im Unterdorf in der Schlachthofstraße über den Umzug ins Oberdorf bis – nach 15jährigem Intermezzo in Dudweiler – zum Bezug des eigenen Hauses durch den erwachsenen Schriftsteller.

Er schreibt: „Ich bin in Sulzbach geboren, einem Bergmannsdorf, das zwar 1946 eine Stadt geworden, aber immer schon die Perle des Sulzbachtals gewesen ist, eine Staubperle, eine Kleineleuteperle.“ Und in einem Interview hat er gesagt: „Ich fühle mich sehr geborgen in Sulzbach, obwohl […] diese Stadt der hässlichste Ort in ganz Mitteleuropa ist. Aber das hat gar nichts damit zu tun, dass ich ihn über alles liebe.“ In der Novelle „Die Hortensien der Frau von Roselius“ ist unschwer die Geschichte der einheimischen Industriellenfamilie Vopelius zu erkennen, auf deren Wunsch er den Namen allerdings verfremden musste (zu Roselius). Obwohl die „Novelle“ eher eine poetologische Vorführung des Kunststücks ist, auf schmaler Fakten- und Erinnerungsbasis eine erzählbare Geschichte zu konstruieren, lassen sich die Schauplätze in der Realität auffinden.

Wenige Bezüge zur Topographie von Sulzbach gibt es im Werk des Lyrikers Markus Waldura, der, 1957 in Quierschied geboren, 1960 mit der Familie nach Sulzbach-Neuweiler ins eigene Haus gezogen ist und der seit 2017 wieder im Elternhaus wohnt. Wenn auch nicht konkret lokalisierbar, so enthalten Walduras Gedichte doch sehr genaue Beschreibungen von Veränderungen in Natur und Umwelt, oft ausgelöst durch den Wechsel des Lichts oder das Aufkommen von Wind und Sturm. Der hoch qualifizierte Musikwissenschaftler sieht sich nicht nur mit seinem Musikgeschmack, sondern auch mit seiner lyrischen Produktion als ein aus der modernen Zeit gefallener Mensch, was der Wirkung seiner Gedichte allerdings keinen Abbruch tut.